Mono Inc. – Melodies In Black (CD-Kritik)

Mono Inc.Draußen ist es dunkel und kalt – wie gut, dass Mono Inc. uns den perfekten Soundtrack fürs zu Hause einkuscheln liefern. Mit ‘Melodies In Black’ erscheint eine ausgesprochen opulente Zusammenstellung von Balladen aus dem nunmehr massiven Oeuvre der Hamburger Band, und die Zeichen stehen schon innerhalb der ersten Sekunden auf Wärme. Das klingt ein bisschen ironisch, wenn man bedenkt, dass der erste Song dieser Compilation „Life Hates You“ heißt – die Musik ist wunderschön und herzenswarm, der Text depressiv und düster, das hat fast schon ein bisschen The Cure-Stimmung. Doch eines haben so gut wie alle diese Songs gemein: die Schönheit. Songs wie „Time To Go“ mit seiner teils von Martin gesummten Melodie bieten so viel Kraft, während „Scared“ – der einzige neue Song, der sich die Zeile „I’m just a little scared“ mit dem vorhergenannten Titel teilt – durch seine Zaghaftigkeit, besonders aber durch seine Nachvollziehbarkeit brilliert.

Die leisen Töne schlägt Mono Inc. hier dann auch mal etwas lauter an („Love That Never Dies“ kommt mit kriegerischen Drums und dramatischen Chören daher), doch insgesamt gibt „Melodies In Black“ nicht nur jenen Schutz, die ihn suchen, sondern lädt auch dazu ein, den einen oder anderen ungeschliffenen Diamanten der Mono Inc.-Diskographie (neu) zu entdecken. „Alles was bleibt“ oder „If I Fail“ zum Beispiel gehören zu meinen persönlichen Lieblingssongs von Mono Inc. – ersteres musste sich ein wenig hinter dem großen Hit „Kein Weg zu weit“, der ebenfalls auf dieser Compilation in einer Akustikvariante zu hören ist, verstecken. Hier kommen diese wundervollen Songs wieder ans Tageslicht, spenden Licht und Dunkelheit zugleich, erwecken Sehnsucht und Hoffnung und gleichsam eine große Schwere und Bitterkeit.

Nicht nur deckt diese Sammlung an Balladen die gesamte Diskographie ab; einige der Nummern sind sogar – frei nach dem Motto „My Songs Wear Black“ (ebenfalls ein so wunderschöner und todtrauriger Song) – als Black Version neu aufgenommen worden. Die neuen Versionen unterscheiden sich teilweise nur marginal von ihren Originalen („Just Because I Love You“), doch die bessere Produktion steht ihnen gut zu Angesicht und in ihren neuen Versionen machen sie insbesondere im Flusse dieses Albums eine fabelhafte Figur. Ebenfalls einbezogen wurden reine Pianoversionen, die den großen Schmerz dieser Lieder mit ganz kleinen Mitteln zu transportieren wissen. „The Best Of You“ bekommt zum Beispiel durch die reine Klavierbegleitung eine herzzerreißende Wahrhaftigkeit.

Schon lange wissen wir, dass Mono Inc. Musik auf dem Niveau der ganz, ganz Großen macht. Zwar hat die Band dieses Jahr mit ‘The Book Of Fire’ ihre erste Nummer eins gelandet, doch merkt man insbesondere bei diesen Balladen die Grandezza, die Detailverliebtheit und die Schönheit dieser Band. Diese Songs sind für die Ewigkeit, sie werden uns auch noch in zwanzig Jahren als Refugium dienen, unsere Melancholie untermalen, uns durch den Liebeskummer oder den Verlust tragen, uns zum Weinen bringen, uns beim Einschlafen helfen und uns als Soundtrack zum Kuscheln dienen. Und gerade jetzt ist dieses Album unglaublich wichtig – abseits von all den Sorgen, die uns zurzeit (gesundheits-)politisch umgeben, lädt uns ‘Melodies In Black’ dazu ein, zurückzuschalten, zu genießen, zu resü- mieren, zu schwelgen, und zu uns zu finden. Wenn der Winter die Gemüter trübt, sind Songs wie „Unconditionally“ oder „If I Fail“ wahrhaft Balsam für die Seele. Doch auch darüber hinaus: Das Beste, was eine Ballade erreichen kann, ist, den Hörer:innen das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein. Und genau das schafft ‘Melodies In Black’: Man hat für zweieinhalb Stunden in dieser Musik einen guten Freund, einen Gesprächspartner, der einen durch das Tief begleitet, der die Worte findet, die man selbst vergeblich sucht, und sie auf fabelhafte Melodien und Arrangements zu legen weiß, die immer wieder treffen. Ob man weint, sich verliebt oder sich beruhigt – am Ende des meditativen „Study Butte“, einem weitläufig übersehenen Song vom ‘Terlingua’-Album – geht es einem besser als vorher.

Fazit: Mono Inc. liefern den perfekten Soundtrack zur Winterdepression. Auf musikalisch gewohnt überhohem Niveau liefert ‘Melodies In Black’ Eskapismus der schönsten Art. Intensive, introspektive, emotionale Geschichten entfalten sich auf diesem Doppelalbum, und man kann nicht umhin, sich geborgen zu fühlen, so warm ist Martins Stimme, so geschmackvoll arrangiert die Lieder, so großartig und tief unter die Haut gehend – ohne dabei zu pieken – die gesamte Platte. Wehmut, Liebe, Tod, Angst, all diese Themen arbeiten diese Balladen auf, ohne dass diese Themen in ihrer Übergröße die Hörer:innen jemals erdrücken. Am Ende ist man zwar ergriffen und zutiefst berührt, aber man ist sicher, man ist nicht allein mit seinen Gefühlen, und man ist auch mit seinen Hemmungen, Zweifeln und Sorgen eigentlich ganz okay. Die Lieder stimmen, der Zeitpunkt stimmt – wir können also festhalten: diese Platte ist für das, was sie erreichen will, perfekt.

Lest HIER unser Interview mit Martin Engler und Katha Mia unter anderem zu ‘Melodies In Black’.

Tracklist:

CD 1

01 Life Hates You (Black Version)
02 In The End
03 Time To Go
04 A Love That Never Dies
05 In My Darkest Hours
06 Just Because I Love You (Black Version)
07 My Songs Wear Black
08 Risk It All (Symphonic Version)
09 When All My Cards Are Played
10 The Tide
11 Nimmermehr
12 Teach Me To Love
13 Warriors
14 Potter’s Field
15 Kein Weg zu weit (Unplugged) (feat. Joachim Witt)
16 A Vagabond’s Life (feat. Eric Fish)
17 Scared

CD 2

01 Nemesis
02 Trail Of Thorns
03 Unconditionally
04 Alles was bleibt
05 The Heart Of The Raven
06 An klaren Tagen (Black Version)
07 If I Fail
08 Ghost Town Gates
09 A Better Way To Die
10 Twice In Life
11 118
12 The Best Of You (Piano Version)
13 Superman
14 When Love’s Gone
15 Never Say Die
16 Pain Machine (Piano Version)
17 Study Butte

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VÖ: 27.11.2020
Genre: Gothic Rock
Label: NoCut

Mono Inc. im Web:

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