Two Minds Collide – Person X [An Unknown Identity]

Letztes Jahr veröffentlichten Two Minds Collide ihr Erstlingswerk „The Mean Mile“, und die junge Band um Lias Schwarz konnte mich mit dieser Platte in ziemliche Hochstimmung versetzen. Man merkte der Band enorme Energie und ein nicht zu leugnendes Songwriting-Talent an. Mit „Person X [An Unknown Identity]“ steht nun das zweite Studioalbum der Saarländer in den Startlöchern. Erneut habe ich mir die Platte für euch angehört und bin nun bereit, euch zu berichten, ob auch dieses Album genauso zu zünden weiß wie das erste.

Allein beim Opener grinse ich schon vor Freude. „Person X“ strahlt vor punkiger Energie mit Metal-Einschüben. Feierlich, groß und krachend werden wir in dieses Album hinein- begrüßt. Was für ein Spaß! Mit ähnlichem Außenseitergrundgefühl spielt auch „A Dark Desire“. Super eingängig, fantastisch geschrieben – wie die Wortwahl hier die Betonung und Melodie komplimentiert, ist beeindruckend. Aus dem Computer fliegen hier und da ein paar digitale Klänge, die dieses Abseits noch deutlicher herauskristallisieren. Auch dieser Song – sehr gelungen!

„Of Mistakes And Dreams“ hat auch wieder eine großartige Vocal Melody, die von Lias als Sänger sehr gut umgesetzt wird. Ihm gelingt es, die erwartungsgemäß tollen und kanten- reichen Melodien und Instrumentals in Szene zu setzen. Doch auch in besagten Instrumentals geht es ordentlich zur Sache. Was da alles passiert und welche Atmosphäre dadurch aufgebaut wird, wie viele kleine Akzente es zu entdecken gibt, zeigt die Versiert- heit dieser Gruppe. Wie ein guter Stadionrocksong, der von Außerirdischen unterwandert wurde, beginnt dann „Raindrops In A Storm“ und hat zwischenzeitlich fast etwas von der Melodie einer sehr knackigen NDH-Nummer. Lias ruft dem Hörer seine Worte zu, die Musik ist sowohl dringend als auch zwingend, es geht zur Sache und bleibt trotzdem getragen von großer Virtuosität.

Ein weiterer Sofortzünder, bei dem schon die ersten Sekunden ein weiteres Freuden- grinsen hervorrufen, ist „Fear Of Missing Out“. Das Riff ist extrem einprägsam, klingt einerseits schwer und andererseits lässig, und auch die Drums überzeugen durch ihre Eingängigkeit. Die sogenannte „Fear of missing out“ behandelt ja die Angst davor, etwas, zumeist einen gesellschaftlichen Trend, zu verpassen. Genau dieses Gefühl wird auch im Text behandelt und karikiert. „I am addicted to your feed, now give me what I need“ ist zwar ein wenig plump, als Überzeichnung jedoch perfekt und unterschwellig augenzwink- ernd. Auf „Keep Up The Pace“ wird es fast schon symphonic-metalig. Die Riffs donnern am Anfang mit großer Gravitationskraft zu Boden, das Instrumental ist gleichzeitig episch und sehr fies und bissig. Dazu fleht Lias seine Vocals darüber, und man kann hören, dass der junge Mann im Studio ziemlich viel Spaß bei den Gesangsaufnahmen hatte.

Der nächste Song beginnt wie eine moderne (heißt hier: die letzten eineinhalb Jahrzehnte) Depeche Mode-Nummer. Ein wenig pessimistisch, mit einigem Ambiente, elektronisches Geflacker, mir gefällt’s. „The Loneliness Of A Dying Sun“ strahlt Düsternis und Mystik aus und erzählt eine zu Herzen gehende Geschichte. Die E-Gitarre dominiert wieder auf „Last Kiss, Goodbye“, mit Rock-Attitüde und Kopfnick-Faktor.

Auf „Your Saving Hands“ wird der Drumcomputer herausgeholt, die 808s klingen fast ein wenig nach modernem Rap, doch die lieblichen Gitarrenklänge voller Echo und Reverb versprechen wieder eine dezent abwegige Halbballade. Irgendwann fühlt sich dieser Song an wie eine Mischung aus Prince, ABBA, Queen und der Grundstimmung der Post-Punk-New-Wave-Ära. Die Mixtur ist sehr interessant, der Midtempo-Song geht gut voran und ins Ohr. „Make Up Your Mind“ hingegen nimmt Fahrt auf wie ein Synthpop-Song. Der Text bedient zwar die eine oder andere Plattitüde, im Refrain übermannen einen jedoch wieder diese Energie, diese Kraft und diese Größe. Die schillernden Gitarren, die tiefgreifenden Synthies und der mitreißende Gesang. Da sieht man gerne über ein paar etwas fade Textstellen hinweg.

Beim Titel des Closers, „Bits And Bytes“ erwartet man jetzt eigentlich eine Elektronik- und Synth-getriebene Nummer, stattdessen klingt dieser Song wie ein im Weltall schwebendes Klavier, und Lias singt zweistimmig mit sich selbst. Dabei legt er eine sehr beeindruckende Kopfstimmenleistung hin, bevor ein typischer Drum-Rhythmus und ein einlullender Bass sich zum Weltallklavier dazugesellen. „Is this a blessing or a curse? Everytime we change the world, it’s getting worse“, singt Lias, und der Song baut sich immer weiter auf, immer wieder werden diese Zeilen wiederholt. „Is this the end? Let’s pull the plug“ lauten schließlich die letzten Worte, nachdem der Song seinen Klimax erreicht hat. Dreieinhalb Minuten, die sich anfühlen wie eine kleine Oper in sich. Nun entlassen ins Leere, mit gezogenem Stecker, kommen wir zum…

Fazit: Vieles bleibt nicht zu sagen, außer dass „Person X [An Unknown Identity]“ eine beeindruckende Platte voller Vielfalt, Schlagfertigkeit und Standfestigkeit ist. Alles sitzt, passt, wackelt, hat Luft, macht Spaß, die Band ist fantastisch, Lias ein toller Sänger. Einziger Kritikpunkt ist die Produktion, aus der man noch mehr rausholen könnte, aber bei einer so jungen und noch eher kleinen Band (was sich mit der Tour mit ASP nächstes Jahr bestimmt ändern kann), die mit solcher Qualität abliefert, ist das Meckern auf verdammt hohen Niveau. Meine Anspieltipps: „Raindrops In A Storm“, „The Loneliness Of A Dying Sun“, sowie Opener und Closer. Doch wirkliche Längen und/oder Durchhänger gibt es nicht, also kann man auch getrost die gesamte Platte in einem Rutsch runterhören.

Tracklist:

01 Person X
02 A Dark Desire
03 Of Mistakes And Dreams
04 Raindrops In A Storm
05 Fear Of Missing Out
06 Keep Up The Pace
07 The Loneliness Of A Dying Sun
08 Last Kiss, Goodbye
09 Your Saving Hands
10 Make Up Your Mind
11 Bits And Bytes

Kaufen: Amazon

Release: 18.10.2019
Genre: Dark Rock
Label: Two Minds Collide/recordJet

Two Minds Collide im Web:

Homepage

Facebook