Kirlian Camera – Hellfire (EP-Kritik)

Von der täuschenden Erscheinung eines vermeintlich wohlbekannten Himmelskörpers auf -Hologram Moon- bis zur Veröffentlichung von -Hellfire- scheint es nur ein kleiner Schritt zu sein. Aber diese Verbindung zwischen dem letzten erfolgreichen Studioalbum von Kirlian Camera und ihrem kommenden Album -Cold Pills- hat viele Veränderungen erfahren: Ursprünglich als zweite Single von -Hologram Moon- und als Nachfolger der Clubhymne -Sky Collapse- aus dem Jahr 2017 gedacht (mit den kongenialen Vokal-Duo mit Covenants Eskil Simonsson), hat -Hellfire- als Veröffentlichung viele Iterationen durchlaufen. Zuerst war es als Limited Edition Single geplant, dann als reguläre Remix EP des letzten Albums (Metaluna, Polar IHS), doch dann kam… -Hellfire-. Diese Coverversion eines der Songs der Fantasy-TV TV-Serie -Lucifer- zeigt nicht nur, dass Kirlian Camera begeisterte Zuschauer vieler aktuellen Fantasy- und Science-Fiction-Serien sind, sondern die Grandezza dieses Tracks lässt die Haare auf unseren Armen wieder erneut aufrecht stehen jedesmal! -Hellfire, Hellfire, – take my soul.- (Quelle: Pressetext)

Die Drums, die wir am Anfang von „Hellfire“ zu hören bekommen, klingen ein bisschen nach „We Will Rock You“, bevor uns schließlich die Chöre aus dem Keyboard einen epischen Einstieg in das neue Minialbum der Italiener von Kirlian Camera bieten. Dieser Sound ist keine Überraschung, schließlich ist der Opener dieses Werks ein Cover des gleichnamigen Songs von Barns Courtney, bekannt unter anderem aus der Serie „Lucifer“. Der eigene Twist funktioniert sehr gut, der Slowburner und Titeltrack hat einen leichten Rock-Vibe mit Trip-Hop-Untertönen. Die Elektronik formt eine tolle Melodie mit schönem Refrain, eingängig und stimmungsvoll. Die rein instrumentalen „Silicon Singers“ kommen schließlich mit einer Spielzeit von knapp über zwei Minuten daher, eine melancholisch trötende Synthie-Melodie, angereichert mit weiteren Chören aus der Dose, bevor sich schließlich synthetische Streicher dazugesellen. Atmosphärisch, mystisch, wie aus einem Computer-Rollenspiel der späten Neunziger.

„Metaluna“ beginnt mit einem weiteren Trip-Hop-Beat, Sirenengeschrei, atmosphärischen Synth-Pattern, und schließlich der Stimme von Elena Alice Fossi, bevor das Stück fast eine Art Drop erfährt und einen kurzen, fast schon Trap-artigen Interlude hat. Die Drums klingen hier tatsächlich sehr nach den modernen Bewegungen in der Rap-Welt. Zusam- mengehalten wird der Song von einem wunderschönen Refrain, der klingt wie eine in Electro-Gewand gehüllte, mittelalterliche Ballade. Hier lassen sich definitiv Parallelen zur Neo-Folk-Bewegung erkennen, die ja sowieso sehr viel Gutes hervorzubringen weiß. Diese stets mystische und vor Atmosphäre fast überlaufende Kombination zündet auch hier.

Nun wird das Gaspedal jedoch etwas weiter nach unten gedrückt: Mit zwingenderem Beat, schnellerem Rhythmus und flackernden Synthies darf nun getanzt werden. „V2K“ erwartet den Hörern mit einigen Techno- und Future Pop-Allüren. Auf seine sechs Minuten Spielzeit lässt der Song nichts anbrennen: Fantastische Vocals, ein sehr stattliches, hittaugliches Instrumental, eine Harmonie aus Tanzbarkeit und melancholischer Düsternis. Der „Polar-IHS“-Remix kommt ähnlich Techno-affin daher. Der Song ist so eingängig, dass er fast auf gute Weise poppig wird. Derlei hat es in den späten Neunzigern und frühen Zweitausendern durchaus relativ weit im Radio und in den Charts gebracht. Auch wenn Kirlian Camera hier die zumeist ja eher trashige Popmusik handwerklich sowie textlich natürlich mit Leichtigkeit in die Tasche stecken. Angelo Bergamini weiß natürlich nach fast vierzig Jahren mit diesem Projekt, was er tut. Die Remixer von Blank allerdings auch! Danach geht es anscheinend direkt in den Maschinenraum. Der Interlude „E-Nord“ wirkt eher so, als untermale er ein Vorstoßen in unbekannte Gefilde des Weltalls. Hier bekommen wir kosmische, maschinelle Sounds, futuristisches Knarzen und Surren sowie orchestrale Portraits unendlicher Weiten. Ein Remix des Titeltracks folgt, der außer ein paar Future-Pop-artigen Voice Samples zum ursprünglichen Song nicht wirklich etwas beizutragen hat. Die „Kromart Television Apocalypse“, wie sich dieser Remix nennt, sticht weder heraus, noch stört sie.

Den Schluss der Platte macht „Splashdown In Another Dimension“. Mit leicht morbider Atmosphäre, schleichendem Rhythmus und etwas daneben klingenden Dosenchören kann dieser Song schon ein gewisses Kribbeln verursachen. Nach fast drei Minuten kollabiert er in sich zusammen, nur um sich dann mit einem verflucht klingenden Klavier und einem zerhackstückelten Voice Sample Stück für Stück wieder zu einem leicht horror-esquen Abgesang (ohne wirklichen Gesang) aufzubauen, bevor sich das Ganze dann in einem einzelnen Ton verliert, der langsam ausfadet. Ein eindrucksvolles Stück Instrumentalmusik, dass seine Wirkung als primär auf Atmosphäre getrimmter Rausschmeißer gut erledigt.

Fazit: Als kurzes B-Seiten-und-Remixes-Intermezzo funktioniert die „Hellfire“-EP sehr gut. Das letzte Album von Kirlian Camera ist ja erst ein Jahr alt, somit ist es schön, dass es zumindest ein wenig vorher Unbekanntes zu hören gibt. Die Platte besteht zwar fast zur Hälfte aus instrumentalen Interludes, die durchaus gut klingen, aber mehr zur Atmosphäre beitragen als zur musikalischen Rafinesse, doch was es darüber hinaus so zu hören gibt, ist definitiv keine egale B-Ware. „Metaluna“ ist ein toller Song, „Hellfire“ drückt dem fabelhaften Original einen wunderbar-düsteren Twist auf, „V2K“ und der „Polar-IHS (RMX by Blank)“ sorgen ebenfalls für viel Freude. Ein qualitativ hochwertiges Beiwerk, das eher Gadget als Gimmick ist.

Tracklist:

01 Hellfire
02 Silicon Singers
03 Metaluna
04 V2K
05 Polar-IHS (RMX by Blank)
06 E-Nord
07 Hellfire (Kromart Television Apocalypse)
08 Splashdown In Another Dimension

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VÖ: 14.06.2019
Genre: Electro
Label: Dependent

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