Harpyie – Minnewar (CD-Kritik)

HarpyieZwei Jahre nach dem letzten Longplayer Aurora melden sich Harpyie nun mit einem neuen Album zurück und liefern somit einen weiteren Eintrag in ihrer Diskografie. Doch hierbei handelt es sich keineswegs um ein neues Studioalbum, sondern viel mehr folgen Harpyie dem aktuellen Trend und bringen am 26. Juni 2021 unter dem Titel Minnewar ein Cover-Album auf den Markt. Schaut man sich das Cover-Artwork an, erwartet man eine elektronische Explosion an Soundeffekten im Stile von Cyberpunk. Betrachtet man aber die Tracklist, sieht man eine Auflistung der bekanntesten Klassiker und All-Time-Favourites der Folkrock- und Mittel- alterszene. Wie das jetzt zusammenpassen soll, ist auf den ersten Blick nicht wirklich erkennbar. HARPYIE erklären die Idee hinter diesem Konzept jedoch wie folgt: „Die Megalopolis ist der Austragungsort des traditionellen MINNEWARs, dem Sängerwettstreit. Hier werden nach alter Tradition renommierte Klassiker neu interpretiert und dabei aufs Schärfste gepimpt und modifiziert. Mittelalterliche Klänge treffen auf elektronische Beats, kraftvolle Dudelsäcke auf sägende Metal-Gitarren und klirrende Kettenhemden auf abge- fahrene Cyberware.“

Nach fünf „regulären“ Alben liefern Harpyie mit Minnewar nun also ein reines Cover-Album – und zwar eines, das sich sehen lassen kann. Die Tracklist reicht von ASP, In Extremo, Saltatio Mortis, Faun, Luna Luna über Versengold, Letzte Instanz, Subway to Sally und Schandmaul bis hin zu Mr. Hurley & die Pulveraffen und Santiano. Wichtig war den Ostwestfalen, dass sie den Songs zwar ihren ganz eigenen Anstrich geben und ihnen teils komplett neue Facetten verleihen zu können, ohne dabei den Songs ihren Charakter und Wiedererkennungswert zu nehmen. „HARPYIE interpretieren zwar neu – hart, modern und kompromisslos – aber vergessen dabei niemals den Ursprung und die Essenz der Songs, deren Fans sie ja auch selber sind. Ein Remake und eine Hommage zugleich“, so heißt es im Pressetext. In den meisten Fällen bedeutet das, dass Unmengen von Gitarrenriffs zum Originalsong gepackt werden, das Tempo etwas erhöht wird, aber im Großen und Ganzen nicht viel anderes passiert. Die Songs werden also in ein wuchtiges Rockgewand gekleidet. Wo man aber beispielsweise einen doch sehr deutlichen Unterschied hören kann, ist in der Metalversion von „Blau wie das Meer“ von Mr. Hurley & die Pulveraffen. Im Refrain macht dies wirklich Laune, in Strophe und Bridge kann der gescreamte Sprechgesang leider nicht wirklich überzeugen. Ähnlich verhält es sich auch mit dem ASP-Klassiker „Krabat“. Geige und übrige Instrumentierung wurden sehr ähnlich am Original gehalten, der heisere Gesang soll wohl die mystische Stimmung des Songs übermitteln, aber leider wird auch hier die Wirkung vollends verfehlt. Auch der Klargesang im Refrain kann das Ganze nicht retten. Die hohen Töne liegen Aello nicht wirklich. Hier hat man wohl ein bisschen zu viel gewollt. Wo das System von Minnewar aber wunderbar funktioniert, ist bei „Tanz mit mir“ im Original von Faun. Zusammen mit Mr. Hurley & die Pulveraffen wird der Song einmal umgekrempelt und in ein modernes Gewand gepackt, inklusive Textwechsel („Komm du Schöner…“). Auch Santianos „Es gibt nur Wasser“ klingt mit einer Überdosis Gitarren extrem gut. Tatsächlich klingen die Songs, in denen sich Harpyie am wenigstens vom Original entfernen, am besten. Das bestätigt sich auch in „Wenn ich tot bin“ von Luna Luna. Hier wird der Song nur ein bisschen aufgepeppt, aber keine extremen musikalischen Experimente gewagt. Das wider- spricht zwar der grundlegenden Aussage, die Harpyie zu Minnewar getroffen haben, aber man muss ja das Rad auch nicht immer neu erfinden.

Fazit: Die Idee hinter Minnewar ist auf dem Papier wirklich erstklassig. (Alte) Klassiker und Evergreens neu zu instrumentieren und ins aktuelle Jahrzehnt zu hieven ist ein Konzept, das in den meisten Fällen immer funktioniert und auch ein Erfolgsgarant ist. So ist es auch bei Minnewar, aber eben nur in den meisten Fällen. Gut zwei Drittel des Albums machen wirklich Spaß zu hören und es beeindruckt, neue Seiten von Songs zu entdecken, die man so nie erwartet hätte.

Tracklist:

01. Wenn ich tot bin (Luna Luna Cover)
02. Tanz mit mir feat. Mr. Hurley & die Pulveraffen (Faun Cover)
03. Spielmannsschwur feat. Saltatio Mortis (Saltatio Mortis Cover)
04. Krabat (ASP Cover)
05. Es gibt nur Wasser (Santiano Cover)
06. Rapunzel (Letzte Instanz Cover)
07. Thekenmädchen (Versengold Cover)
08. Blau wie das Meer (Mr. Hurley & die Pulveraffen Cover)
09. Vollmond (In Extremo Cover)
10. Kleid aus Rosen (Subway to Sally Cover)
11. Willst du (Schandmaul Cover)

Kaufen: Amazon

VÖ: 25.06.2021
Genre: Mittelalter/Folkmetal
Label: Metalville

Harpyie im Web:

Homepage

Facebook