Faun – Märchen & Mythen (CD-Kritik)

FAUNMit über 1000 absolvierten Konzerten, Chartplatzierungen in den Top Ten, Echo Nominierungen und Gold & Platin Auszeichnungen gehören FAUN zur weltweiten Elite der Folk und Mittelalter Ensembles. Kaum eine andere Band gelingt es, die zeitlose Magie der alten Klänge dem heutigen Publikum so zu verdeutlichen und begreifbar zu machen, wie die Münchener Truppe. Zuletzt sorgten FAUN mit ihrem Output „Midgard“ (2016) und ihrem großatigen Silberling XV – Best of Faun (2018) für Aufsehen. Drei Jahre lang hat sich die Band um Sänger Oliver „SaTyr“ Pade nun für das neue Album, das am 15. November erscheint, mit den heimischen Märchen auseinandergesetzt. Entstanden ist nicht nur ihr zehntes Studioalbum, das den Titel „Märchen & Mythen“ trägt, sondern hierbei handelt es sich auch um ihr bislang engagiertestes Werk.

„Es war einmal…“ so beginnt jedes Märchen und so auch das neue Album. Mit tiefer, sonorer Märchenerzähler-Stimme zu Vogelgezwitscher und sphärischer Hintergrundmusik wird der Vorhang aufgezogen, um einen Blick zurück in jenes Märchenreich zu erhaschen, dass FAUN hier zu Ohr bringt. An einen temperamentvollen irischen Tanz erinnert „Rosen- rot“, dass nur von einem Teil des Märchens „Schneeweißchen und Rosenrot“ kündet. Von einem „Seemann“ und seiner Geliebten erzählt eine alte schwedischen Ballade, die mit leicht orientalischem Flair verzaubert. Der nächste Song erinnert glücklicherweise an ältere FAUN-Titel und transportiert gekonnt ihren eigenen mystischen Zauber. Er handelt von Hexen, auch althochdeutsch „hagzissa“ oder „Hagazussa“ genannt. Der hypnotische Charakter des Liedes ist betörend und im Text ist die „Hagzussa“ keine böse Hexe, sondern eine übernatürliche, weise Frau mit verborgenen Kräften. Die zweite Single berichtet von der Geschichte der sieben Brüder, die durch eine unbedachte Verwünschung des Vaters zu „Sieben Raben“ verwandelt wurden. Ihre kleine Schwester macht sich auf den Weg, ihre sieben Rabenbrüder zu retten. Der Gesang erhebt sich beschwörerisch zum Teil als Rezitativ über die Instrumentierung. Als dritte Single wurde „Aschenbrödel“ erwählt. Die Melodie ist bekannt aus dem tschechischen Märchenfilm „Drei Nüsse für Aschenbrödel“, geschrieben von Karel Svoboda, aus dessen Feder auch die Titelmelodien zu Kinderserien wie z. B. „Die Biene Maja“ stammen. Auf die Filmmelodie setzen FAUN ihren Text. Gerade dieses Lied auf das Album zu nehmen war keine gute Idee, weil durch die regelmäßige Ausstrahlung der Miniserie zu Weihnachten die Melodie nahezu verbraucht ist. Ganz mystisch gestaltet sich die Sage um „Die weisse Dame“ — ein Wassergeist oder Nymphe. Die Ballade ist wunderschön im Duett gesungen von den beiden Sängerinnen Fiona Frewert und Laura Fella. Auch „Jorinde“ ist ein romantischer Titel, ein herzerwärmendes Lied über „Jorinde und Joringel“, deren Liebe die Macht einer bösen Hexe besiegt. „Joringel“ befreit „Jorinde“, die als Nachtigall verzaubert von der Hexe entführt wurde. Die erste Singleauskopplung des Albums ist „Spieglein, Spieglein“, womit ich nur wenig anfangen kann. FAUN erkenne ich in diesem Lied nur noch an der charakteristischen Stimme von Oliver S.Tyr. Das ist für mich weder Mittelalter noch Pagan-Folk. Temperamentvoll aller- dings sind die „Drei Wanderer“, unterstützt von der Bremer Folkrock-Band VERSENGOLD. Verträumt ist das Thema der Frau Holle, auch „Holla“ genannt, die sich auf eine archaische Göttin bezieht. Die Geschichte von Frau Holle durchdringt tief die alte Mythologie und es ist folgerichtig, dass diese hier auf eine so mystische Art und Weise von FAUN durch beste Vertonung geehrt wird. Das englische „The Lily“ beschließt das Album mit einer sehn- süchtigen Ballade.

Fazit: Sagen, Mythen und Legenden sind natürlich die Grundthemen von FAUN in ihrer bisherigen Schaffenszeit. Die sog. „Modernen Märchen“ der Gebrüder Grimm waren aller- dings bisher nicht Bestandteil ihrer Kompositionen. FAUN wären nicht FAUN, wenn sie nicht einen anderen Blick auf die Märchen als kulturellen Schatz legten oder über arch- aische Märchenfiguren wie Hexen, Seemänner, Geister usw. singen und deren Besonder- heiten als kulturelle Archetypen darlegten. Musikalisch ist das Album manchmal durch- wachsen: Es gibt wundervolle Lieder voller alter FAUN-Magie und wiederum andere, die sich für mein Hörverständnis von Mittelalter und Pagan Folk nicht als solche erschließen. Im Großen und Ganzen ist es ein schönes Faunalbum mit einigen Ausreißern, aber die so richtig.

Tracklist:

01. Es war einmal…
02. Rosenrot
03. Seemann
04. Hagazussa
05. Sieben Raben
06. Aschenbrödel
07. Die weisse Dame
08. Jorinde
09. Spieglein, Spieglein
10. Drei Wanderer
11. Holla
12. The Lily

Kaufen: Amazon

Release: 15.11.2019
Genre: Folk / Paganfolk
Label: We Love Music (Universal Music)

FAUN im Web:

Homepage

Facebook