Eisbrecher – Sturmfahrt (CD-Review)

Seit über 10 Jahren gehören Eisbrecher ganz klar zur Spitze der NDH Szene. Alexander Wesselsky und Konsorten hauen einen Knaller nach dem nächsten raus. 2012 erschien aber das fünfte Studioalbum „Die Hölle muss warten“, welches für viele Fans eine herbe Enttäuschung war – zu ruhig, zu Main- stream, zu viel Kommerz. Umso erleichterte war die Szene, als man 2015 mit „Schock“ wieder zurück zu den Wurzeln gefunden hatte. Als für dieses Jahr ein neues Album angekündigt wurde, war die Erwartung hoch, aber auch die Skepsis sehr groß, in welche Richtung es nun weitergehen würde. Bereits am 23. Juni 2017 ließ die Band mit ihrer ersten Singleauskopplung „Was ist hier los?“ das Herz der Fans höher schlagen. Definitiv ein Song, der den Standpunkt inmitten der mittlerweile ziemlich großen NDH Szene klar macht. Eisbrecher wollen sich nicht von ihrem Thron stoßen lassen. Jetzt ist es endlich soweit: Die sturmerprobte Eisbrecher-Mannschaft um das Kapitäns-Duo Alexander »Alexx« Wesselsky und Noel Pix veröffentlichen am 18. August 2017 ihren siebten Longplayer „Sturmfahrt“, mit welches sie gleichzeitig ein neues Eiszeit- alter einläuten.

Mit eben genannter Singleauskopplung „Was ist hier los?“ beginnt das Album. Ein klarer Beat und Sprechgesang machen den Anfang bis eine druckvolle Gitarre einsetzt. Diese leitet den brechenden Refrain ein und wechselt sich mit dem Anfangsbeat ab. Diese Struktur zieht sich durch den ganzen Song und macht ihn so sehr eingängig, aber nicht langweilig. Einzig die Bridge nach dem zweiten Refrain ist kurz ruhiger und vermittelt ganz klar die Nachricht, dass man nicht immer wegschauen und öfter hinterfragen sollte, was eigentlich in unserer Welt passiert. Es folgt der Song „Besser“, der mit einem kratzigen Gitarrenriff beginnt, bevor Schlagzeug und Gesang einsetzen. Äußerst stark und dominant wird hier eine Trennung thematisiert. Manchmal ist es besser, sich aus dem Weg zu gehen, um sich nicht gegenseitig krank zu machen. Auch hier gibt es eine etwas ruhigere Bridge, die sich zum Ende steigert und durch ein weiteres Gitarrenriff abgerundet wird. Ein ansonsten sehr schneller und treibender Song, der ziemlich abrupt endet. Der namens- gebende Song „Sturmfahrt“ schließt sich an. Mit leicht elektronischen Einflüssen wird in eisbrechertypischer Manier mit Volldampf vor- angetrieben. Definitiv ein Song, der vor allem durch das prägnante Schlagzeug hohen Wiedererkennungswert hat. Drei schnelle Songs werden nun abgelöst von dem ruhigeren Track „In einem Boot“. Zu diesem Zeitpunkt eine willkommene Abwechslung, die aber der Stimmung keinen Abbruch tut. Alexx Wesselsky versteht es perfekt durch abwechselnde Elementen und Rhythmen in seinen Songs Spannung aufzubauen und die Hörer zu fesseln. Vor allem hier kommt die trainierte, aber auch in die Jahre gekommene Stimme deutlich zur Geltung. Diese passt aber ganz hervor- ragend zu den vermittelten Botschaften in den Songs. Ernst aber dennoch ermunternd und nach vorne blickend. Wieder elektronisch und deutlich druckvoller folgt „Automat“. Teilweise etwas unrhythmisch und unerwartet, aber dennoch ziemlich eingängig. Das Tempo wird also nach einer kleinen Verschnaufpause wieder angezogen. Mit „Eisbär“ interpretiert Eisbrecher den gleichnamigen Song Eisbär von der Schweizer Band Grauzone von 1980 auf seine ganz eigene Art und Weise. Dies klingt absolut hervorragend und fügt sich perfekt in die Struktur des Albums ein. Ein überaus gelungenes Cover, ohne abzukupfern mit vielen eigenen Ein- flüssen. „Der Wahnsinn“ ist der Name der nächsten Nummer – und das ist auch Programm. Wieder ein eisbrechertypischer Song, der den Hörer mitreist und vom ersten bis zum letzten Takt fesselt. Schnelles Schlagzeug kräftige Gitarre – was will man mehr? Der folgende ruhige Song „Herz auf“ ist das genaue Gegenteil des vorher in „Besser“ thematisierten Trennungs- themas. Manchmal muss man sein Herz aufreißen und kämpfen und alles geben, was man hat, um zu behalten, was man liebt. Nie die Hoffnung aufgeben und auf sein innerstes Hören – ein sehr schöner Rahmen und Kontrast den Eisbrecher hier schlagen. Eine tolle Message direkt, gefühlvoll und gleichzeitig mit voller Kraft vermittelt. Respekt! Mit einer Sirene beginnt „Krieger“ bevor schnell und druckvoll Gitarre und Schlagzeug einsetzten. Mit vollem Tempo geht es durch diesen Song, bis der überraschend melodische Refrain beginnt. Dieser steht im Kontrast zu Wesselskys hier sehr harter Stimme und vielen Wechseln im instrumentalen Aufbau des Songs. Im ersten Augenblick sehr überraschend, aber im Gesamtpaket ganz, ganz großes Kino! Ebenso schnell startet „Das Gesetz“. Ein Song, der vom ersten Takt an mitreist. Das Schlagzeug ist hier sehr im Vordergrund gehalten. Mit einem Augenzwinkern wird hier auf die Personen geblickt, vor denen sonst alle warnen, die man aber nie unterschätzt werden sollten. Ob sich Alex Wesselsky damit identifizieren kann? So klingt es zumindest – der Song klingt ehrlich und voller Kraft. Vielleicht wird hier auch etwas selbstkritisch zurückgeblickt – das egal, was passiert ist, man nie voreingenommen sein sollte, oder unterschätzen sollte. „Wo geht der Teufel hin“, wird im folgenden Song gefragt. Wo geht er hin, wenn er weint oder schreit? Ein Song über die melancholischen Momente im Leben, wenn man alleine sein will und sich in sich zurückzieht. Dem Thema ange- passt wieder etwas ruhiger und melodi- scher – aber überaus stimmungsvoll. Ein schönes Gitarrensolo wertet den ohnehin schon sehr starken Song noch einmal auf. Ein trauriges Thema sehr schön themati- siert und interpretiert. Und schon ist man beim letzten Song angelangt. „Wir sind Rock ’n‘ Roll“. Hier wird mit allen Zweiflern und Kritikern abgerechnet. Soll doch jeder denken, was er will – solange man tun und lassen kann, wonach einem der Sinn steht. Eisbrecher machen hier ganz klar, dass sie sich in keine Schublade stecken lassen und ihren Weg immer selbstbewusst weiter gehen werden. Der Gesang dringt fast schon abgehackt und bruchstückhaft zwischen Gitarre und Schlagzeug hervor. Abgerundet wird das ganze Spektakel mit den beiden Tracks „D-Zug“ und „Das Leben wartet nicht“.

Fazit: Mit „Sturmfahrt“ entfernen sich Eisbrecher nochmal ein Stück von „Die Hölle muss warten“. Ein völlig neues Zeitalter der Neuen Deutschen Härte wird eingeleitet – auch ein Vergleich zu „Schock“ fällt schwer. „Sturmfahrt“ ist typisch Eisbrecher und gleichzeitig vollkommen neu und ganz anders als alles bisher Dagewesene. Immer stimmungsvoll, immer druckvoll, kaum Schwachstellen. Hier wird eine ganz klare Message in die Szene gebrüllt – Eisbrecher entwickeln sich immer noch weiter, gehen neue Wege und schaffen es in einem festgefahrenen und schwierigen Genre wie NDH immer noch neue Wege zu gehen. Die Songs sind eingängig, aber nicht langweilig, immer neu, ohne Wiederholungen mit wichtigen und ausdrucksstarken Botschaften! Weiter so! Immer weiter auf Sturmfahrt!

Tracklist:

01 Was ist hier los?
02 Besser
03 Sturmfahrt
04 In einem Boot
05 Automat
06 Eisbär
07 Der Wahnsinn
08 Herz auf
09 Krieger
10 Das Gesetz
11 Wo geht der Teufel hin
12 Wir sind „Rock’n’Roll“
13 D-Zug
14 Das Leben wartet nicht

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VÖ: 18.08.2017
Genre: NDH (Neue Deutsche Härte)
Label: Label: Rca Deutschland (Sony Music)

Eisbrecher »Sturmfahrt« Tour 2017
+ Special Guest: Unzucht

29.09.2017 Oberhausen, Turbinenhalle 1
30.09.2017 Hamburg, Mehr! Theater
01.10.2017 Wiesbaden, Schlachthof
02.10.2017 Stuttgart, Liederhalle – Hegelsaal
03.10.2017 München, Zenith
05.10.2017 Wien, Gasometer (A)
06.10.2017 Dresden, Alter Schlachthof
07.10.2017 Leipzig, Haus Auensee
08.10.2017 Berlin, Columbiahalle
10.10.2017 Saarbrücken, Garage
11.10.2017 Zürich, X-tra Limmathaus (CH)
13.10.2017 Eindhoven, De Effenaar (NL)
14.10.2017 Paris, Le Trabendo (F)

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