Desastroes – Offenbarung II – Dor:Nen:Herz (CD-Kritik)

Desastroes entstand 2010 als Soloprojekt von Jan C. Hoffmann. Kennzeichnend durch überwiegend deutschsprachiges Textgut und markante Melodien zieht das Gothic-Pop-Projekt seit 2012 immer intensivere Bahnen durch die Szene. Desastroes handelt musikalisch sehr facettenreich. Liebe, Politik, Lebensituationen oder Märchen sind nur wenige Themen, die das Projekt mit viel Liebe zum Detail entwickelt und umsetzt. (Quelle: offizielle Facebook Seite) Fast drei Jahre nach dem Album „Schwarz wie Obsidian“, welches den Untertitel „Offenbarung I – PA:RA:SIT“ trug und zugleich den Start einer Trilogie-Serie markierte, erschien nun am 10. Februar 2020 der zweite Teil unter den Namen „Offenbarung II – Dor:Nen:Herz“.

CD1: Wellenplätschern begleitet das romantisch-verspielte Intro „Offenbarung II – Tiefer (Intro)“ und eröffnet so den zweiten Teil der Offenbarungs-Trilogie. Das Thema „Schmerz“ verdichtet sich mit dem nächsten deutsch-englischen Titel „All the Glory Must Die“. Es geht um das Scheitern verschiedener Personen an der kalten und egoistischen Gesellschaft. Das erste Zwischenspiel „Eine Frage des Glaubens (Zwischenspiel)“ leitet über zur Religionskritik „Woran glaubst? “: „Keine Götter“ hat einen harten, schnellen Beat mit rockiger Gitarre. Von der Religion zur Politik geht es weiter mit „Decide (Anti-Trump)“ — ein Song, der Auf- horchen lässt. Der Beat ist krachend, das Thema scharfzüngig, aber mit sanfter Stimme formuliert. Jeder Entscheidung folgen Konsequenzen — Du entscheidest. „Von Königen und Polarbären (feat. Kai Vincenz Németh und Dino Serci)“ bekommt Unterstützung von Kai Vincenz Németh von In Good Faith und Dino Serci von Schwarzschild. Der Name des Songs klingt märchenhaft ebenso wie die musikalische Umsetzung. Der Text behandelt die Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung. Die „Funkenmarie“ ist in ihrer kleinen Welt versunken — Sie ignoriert die Lästermäuler an der Tanzfläche — ein ganz spezielles Lebensgefühl in einem Augenblick eingefangen mit leichten Disco/Techno-Anleihen. Böse Worte können wehtun und es erfordert Kraft, sie sich nicht zu Herzen zu nehmen. Das Zwischenspiel „Die Totgeglaubte“ bezieht sich auf das Lied „Elisabeth“, das bereits auf dem ersten Album zu hören war. „Raserei (Elizabeth Part II)“ knüpft an die Geschichte ihres gewalttätigen Endes und ihrer Auferstehung als untoter Racheengel an. Die 2018 erschiene EP „Hvnger (feat. Maria Fendler)“ beschließt die erste CD.

CD2: „Der Übergang (Zwischenspiel)“ meint den Übergang in eine andere Welt hinter dem Spiegel und für das Album bedeutet es den Übergang in den mystischen Erzählstrang über die Welt hinter dem Spiegel, wo das „Unwesen“ lauert. Die Maxi-Single kam 2018 heraus und hat einen wunderbaren Ohrwurmcharakter. Dem Namen nach müsste „Melancholia“ ein ruhiges Lied sein, weit gefehlt. Der Rhythmus stampft im gut tanzbaren, mittleren Rhythmus. Der deutsch-englische Text behandelt das ernste Thema der Depression, kommt dennoch menschlich warm rüber. Eng verwandt damit ist „Alte Asche“. Wieder führt ein Zwischenspiel „Auf der Flucht (Zwischenspiel)“ zu „Baba Jaga“, einem dunklen Teil unserer Geschichte, dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg, der unglaublich vielen Menschen Dornen im Herzen hinterließ. Hier erklingt das zentrale Motiv des Albums, das „Dornenherz (feat. Maria Fendler)“. Maria Fendler lässt ihre Stimme wieder hören wie auch bei den Tracks „Verloren im Licht“ und „Elizabeth“ im ersten Teil der Trilogie. Richtiggehend verträumt-romantisch ist „Neonlichtsymphonie (feat. Maria Fendler)“ und hier erlebt das Dornenherz Leichtigkeit. „Heimkehr“ nimmt dieselbe Perspektive ein: Zuversicht und Angekommensein — Liebe ist die Antwort, die Kur, die Medizin. Im spannenden Kontrast zu den gefühligen Worten stehen der harte Beat und die fett verzerrte Gitarre. Der Epilog „Dunkle Wasser (Epilog)“ führt wieder in den mythischen Erzählstrang und hat einen Cliffhanger „Auf bald, mein alter Freund!“. Jetzt will ich aber wissen, wie es weiter geht.

Fazit: Mit dem neuen Album liegt eine 20 Titel starke Doppel-CD vor. Unter den 20 Titeln sind jeweils ein Intro, ein Outro (Epilog) und vier kurze Zwischenspiele enthalten. Das fantastivolle Cover-Art visualisiert die ihm innewohnende schmerzvolle Romantik. Nicht allein die Anzahl der Titel macht es zu einem Teil eines epischen Werks, sondern auch die Verflechtung eines mystisch-märchenhaften Erzählstrangs mit aktuellen, historischen und persönlichen Ereignissen. Vieles kann ein Herz verletzen, aber Heilung ist durch Liebe möglich. Musikalisch bewegt sich das Album auf bekannten Desastroes-Wegen. Schnelle, oft harte Beats, tiefe, satte Klänge und die charismatische Stimme von Jan C. Hoffmann haben einen hohen Wiedererkennungswert. Die Idee, die hinter dem Konzept der Trilogie steckt, ist etwas Besonderes und erinnert in seinem Charakter an düster-romantische Schauerromane wie Bram Stokers „Dracula“ oder Mary Shelleys „Frankenstein“. So verbindet sich Desastroes mit den dunkel-romantischen Wurzeln der Gothic Kultur, getragen von elektronischen Klängen modernen Dark Syntiepops und Electro.

Tracklist:

01. Offenbarung II – Tiefer
02. All The Glory Must Die
03. Eine Frage des Glaubens [Zwischenspiel]
04. Keine Götter
05. Decide
06. Von Königen & Polarbären (feat. Kai Vincenz Ne’meth & Dino Serci)
07. Funkenmarie (feat. Karina Herzenberg)
08. Die Totgeglaubte [Zwischenspiel]
09. Raserei [Elizabeth Part II]
10. Hvnger (feat. Maria Fendler)
11. Der Übergang [Zwischenspiel]
12. Unwesen
13. Melancholia
14. Alte Asche
15. Auf der Flucht [Zwischenspiel]
16. Baba Jaga (feat. Karina Herzenberg)
17. Dornenherrz (feat. Maria Fendler)
18. Neonlichtsymphonie (feat. Maria Fendler)
19. Heimkehr
20. Dunkle Wasser [Outro]

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Release: 10.02.2020
Genre: Gothic-Electro-Pop
Label: recordJet

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