Cradle of Haze – XII (CD-Kritik)

Das deutsche Gothic Rock / Industrial-Projekt CRADLE OF HAZE, dass im Jahr 2000 durch Produzent und Songwriter Thorsten Eligehausen das Licht der Welt erblickte, hat neues Material am Start. Musste man noch beim letzten Output „Sirenen“ (2017) vier Jahre auf ein neues Album warten, so gibt es jetzt nur knapp zwei Jahre später bereits den Nachfolger auf die Ohren. „XII“ – so lautet der passende Titel des mittlerweile 12. Studioalbums, das neun musikalisch und lyrisch ausgefeilten Songs enthält und am 14. Juni 2019 via darkSIGN Records veröffentlicht wird.

Wilde Arpeggien und darüber gelegte krachende E-Gitarren gibt der Opener „Das Weisse Licht“ aufs Gehör: Willkommen im hart-romantischen Kosmos von „Cradle of Haze“. Der Einstieg gelingt mit seinen Wortbildern stark emotional. „Gnadenlos“ ist dagegen melodiös-poppig, flott vom Tempo strahlt es geradezu positive Energie aus, obwohl der Text wie so oft bei COH etwas anderes erzählt. „Phönix Aus Der Asche“ thematisiert die Zerstörung der Umwelt und der Zukunft — unsere und die der nachfolgenden Generationen. Dieses Thema wurde in einem hübsch melodiösen Gewand verpackt und mit einem ohrwurmverdächtigen Refrain versehen, ohne pathetisch zu werden. Kirchliche Choräle passen zu „Kirche“: ein Hammersong mit Hammertext — großer Gänsehautfaktor! Die ‚böse‘ Wirkung wird durch das mit Bedacht gewählte Rezitativ verstärkt, dass sich mit dem in verzweifelter Inbrunst gesungenem Refrain auf unheimliche Art verbindet. Ein wahrhaft großartige, musikalische Aufarbeitung eines äußerst tragischen und schwierigen Themas. „Platzhirsch“ lebt von teils witzigen, als auch drastischen Wortspielen über einem lasziven Beat. Der „Platzhirsch“ ist zuhause kaum mehr als ein alter Pantoffelheld. Der nächste Track „England“ erzählt mit viel Wortspielerei das politische Hin und Her des besungenen Landes beim Brexit, Eu rein oder raus, ohne es direkt zu benennen. Das ist gewitzt. „Abendrot“ wählt einen mittelalterlich anmutenden Einstieg, aber auf elektronische Art. Hinzu kommt eine rasante Double-Base und ein Sound, der an den Klang einer singenden Säge erinnert. Dem nicht genug, wird noch ein akustischer Part ergänzt, der die Geschwindigkeit kurz abbremst. „Gallop“ erzählt eine freche Szene eines Petplays. Das ist so witzig wie ungewöhnlich. Der Songtext reiht sich in die Riege der Neue Deutsche Härte-Titel ein, die menschliche, moralische und sexuelle Grenzbereiche besingen, aber COH macht das auf charmantere Art. Als Abschluss erklingt das hymnische Abschiedslied „Wenn Ich Geh“. Auch in diesem Titel bleibt es nur angedeutet, unausgesprochen und der Vorstellungskraft der Hörenden überlassen, um welchen Abschied es sich hier handelt.

Fazit: Die Texte wurden sehr geschickt changierend zwischen provokanten Wortspielen und poetischen Bildern. Oft entsteht die Botschaft erst in der Vorstellung, denn das, was gemeint ist, bleibt unausgesprochen. Das ist herrlich subtil und hebt die Texte als eigentlichen dramaturgischen Akteur in den Vordergrund, was durch die bessere Abmischung des Gesangs nun gut gelingt. Mastermind Thorsten Eligehausen hat seinen Ausdruck gut kultiviert, was besonders bei „Kirche“ super rüberkommt. Nur eines ist bedauerlich, dass es Cradle of Haze nicht live zu hören gibt. Wenigstens gibt es ein tolles, neues Album: „XII“ ist eine gelungene Weiterentwicklung und wieder mal mit hervor- ragenden Texten versehen. Musikalisch bleibt es nicht hinter den Erwartungen zurück und bleibt vom Anfang bis Ende spannend.

Tracklist:

01. Das weisse Licht
02. Gnadenlos
03. Phönix Aus Der Asche
04. Kirche
05. Platzhirsch
06. England
07. Abendrot
08. Gallop
09. Wenn Ich Geh

Kaufen:

VÖ: 14.06.2019
Genre: Gothic Rock / Industrial
Label: darkSIGN-RECORDS

CRADLE OF HAZE im Web:

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