Condition One – Spotlight (CD-Kritik)

Condition OneLang genug war es um Condition One still – mit „Spotlight“ veröffentlichte die deutsche Synth-Pop-Band im vergangenen Dezember ein neues Studioalbum, das mit wundervollen, interessanten Arrangements und der einen oder anderen Retro-Dosis auf sich aufmerksam macht.

Schon der Opener „Falling Deeper“ fällt mit einigen schönen Gesangsmelodien auf, und die Instrumentierung ist der Ober- hammer. Mit gewisser Leichtig- und Bedrohlichkeit gleicher- maßen kommt diese melancholische, seichte und doch durchaus groovige Nummer daher und eröffnet ein spannendes emotionales Spektrum, angereichert durch all die herrlichen Kleinigkeiten, die man hier und da im Instrumental entdeckt. Mit der bereits 2017 veröffentlichten Single „Breathing“ wird es dann fast noch etwas zuckeriger – Töne, die wie direkt aus den Achtzigern hergebeamt daherkommen, und mit lyrischer Zaghaftigkeit, die fast schon kindliche, „Teenage Angst“-Töne anschlägt („Every kiss was something new“). Schönes Ding!

„Despair“ versteckt die eine oder andere Depeche Mode-Inspiration nicht – besonders im Refrain höre ich hier seitens Matthias eine Gahan’sche Attitüde. Zusätzlich verzückt hier die Songwriting-Arbeit von Nico Wieditz, der sich auch bei And One durchaus verdient gemacht hat, außerordentlich. „Rainbow“ kombiniert einen „Construction Time Again“-Beat (die Drums sind hier wirklich großes Tennis!) mit einiger orchestraler Atmosphäre (eine wunder- schöne Einarbeitung eines Pianos) und erzeugt eine geniale Stimmung, unterstrichen durch die famosen Vocal-Melodien und das Stimmenlayering, das hier betrieben wurde. Nico tritt hier selbst ans Mikrofon und kreiert etwas Waberndes, Magisches steckt hierin, etwas Beruhigendes, Wunderschönes und doch Großes, das trotzdem dem Synthpop-Sound treu bleibt. Die Atmosphäre erinnert mich hier ein wenig an „Sailor“ von Frozen Plasma, nur auf eigene Weise zu Ende gedacht.

„Running“ dürfte sich mit seinem starken Refrain als voll berechtigter Hit bei einigen Dark-Pop-Parties, gar 80er-Feten etablieren. Ein guter Rhythmus lässt hier durchaus Platz zum Tanzen, und musikalisch bekommen wir hier einiges an Synthpop-Lametta. Lieblich und eingängig, melodisch, hübsch und mehr als gut mitsingbar. „Come as you are“ heißt es auf „Relentless & Reinless“, einer weiteren eher im ruhigen Bereich funktionierenden Nummer, die, obwohl etwas melancholischer und gelegentlich fast hypnotisch, sich auf ähnlich hohem Niveau bewegt.

Mit „Suffer“ und „Sinner“ folgen zwei Songs, die die Band selbst als „Dance“-Nummern einordnet. Insbesondere auf letzteres trifft dies voll und ganz zu: „I close my eyes just to fantasize“ singt Matthias hier über die Claps, „just to feel the groove“. Und diesen Groove kann man hier tatsächlich gut fühlen. Beide Nummern hauen zwar nicht auf technoide Weise auf die Sahne, doch kommt insbesondere „Sinner“ mit dem einen oder anderen verzerrten Vocal Take daher, und der Beat verfehlt seine Wirkung nicht. Auch hier trieft das Oeuvre nur so vor Remineszenzen an die wohl am häufigsten zitierte Dekade der modernen Musik- landschaft.

Eine wahrlich düstere Stimme weiß „Deadly Affair“ zu erzeugen, was nicht zuletzt an dem vielschichtigen, verunsichernden und fabelhaft zusammengesetzten Instrumental, aber auch an Nicos warmer, weicher Stimme liegt, die mit einer gewissen Dringlichkeit die Geschichte darlegt und eine abgründige, großartig komponierte Nummer erzeugt, die die Hörenden zu fesseln versteht. Auf „Stay“ vernehmen wir schließlich fast schon soulige Chöre – nur deshalb FAST soulig, da sie auf einem Keyboard erzeugt wurden. Der Song selbst ist eine lupenreine New Wave-Nummer, die irgendwo zwischen Drangsal und der einen oder anderen And One-Nummer (mir fiele da gerade „Shice Guy“ mit dem „Photographic-Beat“ ein) verorten lässt. Auf diesem durchweg sympathischen, tanzbaren Nümmerchen findet das Album seinen Schlusspunkt, und live dürfte sich dieser Song mit den echoenden Chören und den popcornigen Sounds definitiv einiger Beliebtheit erfreuen – sofern Condition One touren würden.

Fazit: Knapp 40 Minuten lang konstante Synthpop-Unterhaltung, die einerseits von retro- spektiver Reduktion und andererseits von ihrem großen Gefühl für einzelne kleine Seg- mente, die das Gesamtbild enorm bereichern, getragen werden. Synthpop-Fanatiker:innen werden hier vieles finden, woran sie Spaß haben können, und die zahlreichen schönen kleinen Ideen, die man hier und da mitgegeben bekommt (siehe den Refrain von „Stay“) steigern den Spaßfaktor dieser Platte enorm. Wenn auch dieses Album nicht die eigen- willigste Platte oder in irgendeiner Form revolutionär ist, so ist sie dennoch unglaublich solide, erlaubt sich keine Schnitzer und liefert. „Spotlight“ von Condition One ist ein liebenswertes Lebenszeichen, das die Konsument:innen immer wieder an die Hand nimmt und sie ein Stück auf dem eigenen Weg mitnimmt. Nicht zwangsläufig tiefschürfend, aber immerzu nachvollziehbar, menschlich und sagenhaft komponiert.

Tracklist:

01 Falling Deeper
02 Breathing
03 Despair
04 Rainbow
05 Running
06 Relentless & Reinless
07 Suffer
08 Sinner
09 Deadly Affair
10 Stay

VÖ: 04.12.2020
Genre: Synthpop
Label: Syntphonic Records

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