Vision of Atlantis – Wanderers (CD-Kritik)

VISIONS OF ATLANTISSymphonic Metal – das Erste was einem dazu einfällt, ist mit Sicherheit Nightwish. Es gibt aber eine Band aus dem Nahen Österreich, die beinahe in einem Atemzug mit den Finnen genannt werden können. Die Rede ist von VISIONS OF ATLANTIS. Das Ensemble bestehend aus der klassischen Rockbesetzung Gitarre, Bass, Schlagzeug und kann vor allem durch den zweistimmigen, oft im Duett arrangierten Gesang von der Französin Clèmentine Delauney und dem Italiener Michele Guaitoli aufwarten. Schaut man sich aber die Bandgeschichte der 2000 gegründeten Band an, muss man sich schon die Augen reiben – über 10 Line-Up Wechsel an allen Positionen, außer dem Schlagzeug. Mitglieder verließen die Band, stießen nach einigen Jahren wieder hinzu und wurden dann wieder ersetzt.

2013 stand die Band sogar kurz vor dem Aus, als öffentlich verkündet wurde, dass der Großteil der Band getrennte Wege gehen wird. Grund war die zunehmende musikalische Entfremdung von den Ursprüngen der gemeinsamen Musik und der Uneinigkeit, in welche Richtung es musikalisch weiter gehen sollte. Die ganze Aufruhr und die vielen Besetzungs- wechsel haben sicherlich viele Nachteile gebracht, die nicht unbedingt zum Erfolg der Band beigetragen haben. Erst im September 2018 stieß Michele Guaitoli von der italienischen Band Temperence dauerhaft zu der Band und hat dem großen Besetzungskarusell hof- fentlich ein Ende bereitet. Trotz der regelmäßigen Rotation in der Band haben es VISIONS OF ATLANTIS geschafft regelmäßig neue Alben zu produzieren und auch erfolgreiche Tourneen zu spielen. Das letzte Album The Deep & The Dark platzierte sich sogar in den Top 50 der deutschen Charts. Man mag sich gar nicht vorstellen, wo der Weg hätte hinführen können, hätte es mehr Beständigkeit in der Band gegeben.

Am 30.08.2019 lassen Symphonic Metaller nun ihr siebtes Studioalbum, welches auf den Namen Wanderers hört, auf die Welt los. Wenn man von der Vorgeschichte nichts wüsste, könnte man denken, die Combo spielt bereits seit Jahren zusammen. Vor allem die Harmonie zwischen den zwei Gesangsstimmen ist atemberaubend. Als wären sie nur dafür gemacht gemeinsam zu agieren und Gänsehaut zu erzeugen. Aber auch das Zusammen- spiel der Instrumente ist stets auf den Punkt und bietet eine weitfassende musikalische Tiefe. Kein Instrument geht unter und es bleibt dennoch immer genug Raum für melo- dische Gitarrensoli wie zum Beispiel in „A Life Of Our Own“, ein Track der eine von der ersten Sekunde packt und mit seinen stürmischen Elementen jede Sekunde mitreist. Das schnelle Schlagzeugspiel vom einzig verbleibenden Gründungsmitglied Thomas Caser gibt stets einen treibenden Takt vor, der aber niemals überlagernd oder gar hektisch wirkt. Perfekt ausbalanciert schaffen es Gitarre und Bass mal mit harten Riffs, mal mit sanften Gezupfe das Grundtempo in feinen Nuancen zu beeinflussen und so die Stimmung der einzelnen Songs merklich zu beeinflussen. In „To The Universe“ gibt es wechselnde Passagen, die zwischen intensiv treibend und melancholisch anmutend switchen, dem Song aber dennoch das flotte Grundtempo nicht verwehren. Das immer wieder sanft einfließende Keyboard schafft es vordergründlich seine Wirkung zu entfalten, ohne aber zu viel Raum einzunehmen. Vor allem in der Ballade „Into The Light“ wurde dies hervor- ragend gelöst. Ihr ganzes Können präsentieren uns VOA aber auf dem abschließenden Tracks des Langspielers. „At The End Of The World“ ist eine Song, der einen von Beginn an mit seinem schnellen instrumentalen Einstieg fesselt und durch den Gesang immer weiter vorangetrieben wird. Vor allem der Gesang von Clèmentine Delauney kommt hier hervorragend zur Geltung und kann auf ganzer Linie überzeugen. Ein Song, den man nicht oft genug hören kann, der in seiner musikalischen Breite so einnehmend und überzeugend ist, dass man ihn gar nicht oft genug hören kann. Hier bin ich auch sehr großer Fan des fantastischen Gitarrenspiels von Christian Douscha, der an den Saiten nur so zaubert. Zusammen mit einigen, sehr im Hintergrund gehaltenen, elektronischen Elementen, die zu gegebener Zeit kurz herausspitzen absolut hitverdächtig.

Fazit: Ich weiß absolut nicht, worüber ich mich bei diesem Album beschweren möchte. Der einzige Punkt, den man anmerken könnte, ist dass einige Songs doch sehr ähnlich klingen. Das kann man sowohl positiv, als auch negativ auslegen. Im Zusammenspiel harmonieren die Songs hervorragend und man kann den Stil der Band deutlich erkennen. An mancher Stelle hätte eine kleine, musikalische Überraschung vielleicht gut getan, aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau. Bleibt zu Hoffen, dass sich VISIONS OF ATLANTIS in dieser Konstellation einige Jahre zusammenraufen können, um den nächsten musika- lischen Schritt zu gehen. Eine gemeinsame Entwicklung wäre mehr als spannend zu beobachten – ich hab definitiv Lust darauf. Selten hat mir ein Album von der Ersten bis zur letzten Sekunde so viel Spaß beim Hören bereitet.

Tracklist:

01. Release My Symphony
02. Heroes of the Dawn
03. Nothing Lasts Forever
04. A Journey To Remember
05. A Life of our Own
06. To the Universe
07. Into the Light
08. The Silent Stream
09. The Siren & the Sailor
10. Wanderers
11. At the End of the World
Bonus Tracks:
12. Bring the Storm
13. In And Out of Love

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VÖ: 30.08.2019
Genre: Symphonic Metal
Label: Napalm Records (Universal Music)

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