Unplaces – Changes (CD-Kritik)

CHANGES, der Titel der neuen Scheibe von UNPLACES (vormals NRT), könnte treffender nicht gewählt sein. Die jüngst vorgenommene Bandumbenennung ist natürlich die offensichtlichste Neuerung. Doch die Veränderung selbst in all ihren Facetten stand Pate für das Album-Konzept. Ergo handelt es sich bei diesem Werk um eine musikalische wie textliche Einheit, der eine ausgefeilte Dramaturgie zugrunde liegt. Spielerisch werden Wave, Rock und Post-Punk mit vorsichtigen Pop-Elementen zu einem abwechslungsreichen Schauspiel von leichtherziger Schwermut verwebt. Die lyrische Komponente nähert sich dem gewählten Themenkom- plex hingegen kritisch mit der Frage nach Sinn und Selbstbestimmtheit in Zeiten von Medialisierung, Informationsflut, Globalisierung und Konsumzwang. Wie soll man Schritt halten mit dem permanenten Wandel der Gesellschaft oder besser noch mit den Worten des Titelstücks gefragt: What are changes for? (Quelle: Pressetext – bangup bullet) Das neue Werk „Changes“ erscheint am 01. Juni 2018 mit 14 Tracks via Tangrami Records (Timezone).

Ganz und gar nicht minimal erklingt als Opener „Utopian Dream“ orchestral und hypnotisch mit fetter Gitarre. Das geht gewaltig Richtung Goth Rock. Verträumt mit viel Echo und Hall und filigranem Soundteppich verzaubert der Track „Escape“. Bemerkens- wert sind die souligen Vocals und das Trompetensolo. Ins mehr elektronische Fach wechselt „Changes“, was mit viel Drive im Trip-Hop-Beat nach vorne gespielt wird: ein eingängiges elektronisches Thema und toller Ohrwurm, wo gewiss nicht nur der Fuß mitwippt. Es folgt das technisch kühle „The Left Behind“, ein langsames, getragenes Stück. „Lost In Space“, schließt sich dem an. Eine bedrückende Klangcollage führt in das wavige, melancholische Stück ein. Das Cover von Talk Talk „Such A Shame“ aus dem Jahre 1984 ist äußerst charmant gelungen. Sogar das Video von Unplaces ist in dem Sinne ein Cover, weil es bildliche Elemente des Originals aufnimmt. Der Überraschungstitel auf dem Album. Toll! Es geht so schön weiter mit dem getragenen „Reset“, das akustisch mit einem Klavierintro einsteigt. Der zarte, fragile Gesang geht zu Herzen. Der Track steigert sich kontinuierlich und zum Schluss geht es richtig gut ab. „Downshifting“: Spoken Words trifft auf Trip-Hop-Schlagzeug kombiniert mit einem schwebenden, ein wenig psychedelischen Einschub. Das erzeugt einen feinen Spannungsbogen. Das Midtempo-Stück “Insight“ lässt gedoppelten Gesang hören und Gitarrensound über einem Synthiearpeggio schweben. Nach so viel Temporücknahme geht „Mister Bot“ hier richtig als Punk ab — sehr cool! Bei „Freedom“ übernehmen Bass und Synthie komplett das Intro. Dies ist ein Titel mit viel Drive im Refrain und einem starken Elektrothema. “Pseudo Reality“ ist sehr witzig gemacht mit einer Art Zwiegespräch mit einem Nachrichtensprecher. Gutes musikalisch umgesetztes Thema, schöner Echoeffekt der Gitarre und wieder mal ein tolles, grooviges Schlagzeug. Fast zum Schluss kommt die Ballade „Against Ourselves“. Hier verdichtet sich die Melancholie bis ins Unerträgliche. Ein kleiner, musikalischer Gimmick ist der kurze Scratch-Effekt bei 2:05. Wie es der Name schon ankündigt, das vom Klavier getragene “Open End“ hat ein offenes Ende im wahrsten Sinne des Wortes. Nach nur 1:23 min Spielzeit bricht der Track einfach ab und hinterlässt ein wehmütiges Gefühl.

Fazit: Faszinierend würde Mr. Spock sagen und die Augenbraue hochziehen — so erging es mir beim Hören dieses Albums. Die Lieder des Albums, vierzehn an der Zahl, haben und bekommen durch die langen Intros viel Zeit sich zu entwickeln. Im Kontext der Bandbeschreibung fiel der Ausdruck „minimalistisch“. Das ist nur oberflächlich betrachtet so. Unplaces ist eine Band mit drei Personen, wo gekonnt unauffällig im Hintergrund eine Menge programmierte Technik mitläuft. Das ganze Werk ist aus einem Guss, aber jedes Lied ist anders geschliffen und in jedes Detail geplant. Hier hört man wirklich gern zu und hin, nicht allein wegen der Vocals, sondern auch wegen des groovigen Schlagzeugrhythmus von Daniel, der hier für ungemeinen Drive sorgt. Hinsetzen, laut aufdrehen und wirken lassen!

Tracklist:

01. Utopian Dream
02. Escape
03. Changes
04. The Left Behind
05. Lost In Space
06. Such A Shame
07. Reset
08. Downshifting
09. Insight
10. Mister Bot
11. Freedom
12. Pseudo Reality
13. Against Ourselves
14. Open End

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VÖ: 01.06.2018
Genre: Electro-Wave-Rock
Label: Tangrami Records (Timezone)

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