Schwarzbund – Aktion, Mensch! (CD-Kritik)

Drei Jahre nach Erscheinen von „Schatten im Verstand“ (2014) meldete sich die Dark Electro / Synth-Pop-Formation SCHWARZBUND aus dem Harz im November 2017 mit ihrem dritten Studioalbum mit dem zur Revolution aufrufenden Titel „AKTION, MENSCH!“ zurück. Inhaltlich ist der Name Programm: In insgesamt 11 Songs verlangen René Müller (Vocals), Dirk Wuttig (Produktion, Live-Drums) und Live-Keyboarder Martin Klingemann auf diesem Werk nach mehr Menschlichkeit und Besinnung auf das, was das Menschsein ausmacht. „Musikalisch glänzt das neue Werk mit dem eigenen SCHWARZ- BUND-Stil: die Verschmelzung aus altbewährten Klängen, neuen Sounds, dunklen Beats und dem deutschen Gesang gräbt sich tief in den menschlichen Gehörgang bis in Herz und Hirn. Und natürlich auch in die Beine, denn auf den Tanzflächen wird man sicher bald viele Menschen in Aktion zu Gesicht bekommen“, heißt es im Beipackzettel zu diesem Album. Ob ihnen das auch gelungen ist?

Eröffnet wird das Album mit einem instrumentellen Intro namens „Das Vorspiel“, das mit gut zwei Minuten Länge die Hörenden auf das düstere Kommende vorbereitet. Danach bringen die schönen Klaviertöne am Anfang von „Äther“ direkt Erleichterung von so viel düsterer Last. Die Schönheit und Leichtigkeit der eingängigen Synthie-Melodie steht im Gegensatz zu der inhaltlichen Schwere des Textes über die Abgründe der Menschheit und deren Lügen. „Äther“ wurde bereits 2016 als Single veröffentlicht. Auch „Unser Sein“ bietet Tanzwütigen den nötigen Drive für ein Austoben auf der Tanzfläche und das zu schönen Melodiebögen. In „L.I.E.B.E.“ sorgt ein Arpeggiator mit warmen Synthklang für die akustische Bodenhaftung unter der melancholischen, getragenen Gesangsmelodie. Der leichte Doppelungseffekt auf der Stimme kommt sehr gut: Eine sehr schöne Ballade. Ein rasiermesserscharfer Sound eröffnet „Schwarz Und Bunt“ und hier hört man wieder im Refrain eine feine Hookline. Der Streichereinsatz ist unerwartet, aber ein echter Herzöffner in diesem Titel. „Wir Menschen“ hat sich etwas beim Industrial bedient, was das „Feeling“ dieses Titels angeht. Da fällt dieser singende, helle Synth-Klang sehr auf: Da muss man hinhören! „Einklang“ zeigt eine schöne analoge Klangpalette, die immer schon gut kam. Auch hier verstehen Schwarzbund eingängige Melodien einzusetzen, die sich leicht ins Gehör drängen. „Einklang“ ist ein immer wiederkehrendes Thema der Systemkritik an der Moderne, die statt Individualität eine massenorientierte Normierung von Konsumenten vorsieht. Für „Engelsgleich“ übernimmt Sängerin Fantastica von der Band „Cabaret Bizarre“ den Gesang, was wirklich eine gute Idee und sehr stimmig ist, da sie tatsächlich wie ein Engel singt. Satte Streicherklänge geleiten die Sängerin in die Sphäre der Engelschöre. Sehr schön ist der Einsatz von ungewöhnlichen Sounds. „F66“ kommt hart und martialisch rüber. Es erinnert etwas an die Schweizer Elektroband Metallspürhunde. Mit „Daheim“ haben wir eine weitere Elektroballade und das im Sechsachteltakt. Der Titel ist sehr minimalistisch komponiert, wo Beat und Melodie mehr als sparsame Untermalung für die Textdeklamation dient. Die Hörenden werden zum „Ausklang“ durch kühle und doch filigrane Klänge aus dem Album geleitet. Zusammen mit „Das Vorspiel“ ist „Ausklang“ die Klammer der Albentitel: Eine runde Sache. Um das Ganze noch perfekt zu machen, wurde die CD-Version noch mit zwei zusätzliche exklusive Bonus-Tracks „Wir Menschen“ (Mensch- zweipunk6tnull Mix) und „Äther“ (Retronomicon Remix) angereichert.

Fazit: Hier hören wir schwermütigen Elektro-Wave mit einigen Synth-Pop-Elementen und einigen Anleihen aus dem Dark Wave. Die Kompositionen sind minimalistischer im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen. Die Titel bestechen durch schöne, eingängige Hooklines und dynamischen Wechsel zwischen sehr kühlen und technischen, warmen und analogen Klängen und auch klassischen Instrumenten wie Klavier und Streicher. Diese Wechsel bieten oft unerwartete Klangerlebnisse beim Hören. Der Gesang tendiert zu Spoken Words und Renés Stimme erinnert in dessen Grundfärbung und Intonation an die Sänger des Dark- und Elektrowave der 80er. Die Betonung von Schwarzbund liegt bei diesem Album noch viel mehr auf den Inhalten und Botschaften. An manchen Stellen hätten sie gern ein paar mehr „Aggressionen“ wie z.B. beim Anfang von „Schwarz und Bunt“ einstreuen dürfen sowohl beim Sound als auch ab und zu beim stimmlichen Einsatz. Schwarzbund liefern einiges an tanzbarem Material ab, das aber genauso zum Zuhören auffordert. Das Album ist eine runde Sache. Den kleinen Ausbruch aus dem Konzept mit „Engelsgleich“ finde ich sehr gelungen. Sehr interessant sind die stilistischen Anleihen aus den Spektren des Dark Wave, die sie auf schwarzbündige Art zum Leben erwecken und dem Konzept des Albums sehr dienlich sind.

Tracklist:

01 Das Vorspiel
02 Äther
03 Unser Sein
04 L.I.E.B.E.
05 Schwarz und bunt
06 Wir Menschen
07 Einklang
08 Engelsgleich (feat. Fantastica)
09 F66
10 Daheim
11 Ausklang
12 Wir Menschen (Menschzweipunktnull Mix)*
13 Äther (Retronomicon Remix)*

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VÖ: 10.11.2017
Genre: Electro / Synth-Pop
Label: SONIC-X

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