Mila Mar – Picnic on the Moon – 2019 (CD-Kritik)

Mila Mar ist universell phantastisch. Mit eigener Sprache, treibenden Rhythmen, orchestral – melancholisch inszeniert, schaffen sie einen unverwechselbaren Klang, der vermuten lässt, das Eismeer läge im Orient. Orientalische Synthesizerklänge, afrikanische Djembe ́s, Streicher, Schlagzeug & der beeindruckende Vier-Oktaven-Gesang von Hachfeld erzählen archaische Geschichten – seelenhaft & ganz ohne verständliche Worte. […] 1994 wird Mila Mar in Göttingen gegründet, das gleichnamige erste Album erscheint 1997. Drei weitere Alben und mehrere Singles folgen, die Band spielt mehrere ausgedehnte Touren und Festivalauftritte, unter anderem spielen sie als Support-Act für Goethes Erben, Youssou N’Dour, Mari Boine & Band und Subway to Sally. Ab 2004 wird es still um die Gruppe, auch wenn sie offiziell nie aufgelöst wird. 2015 melden sie sich in erweiterter Formation zurück und spielen mehrere Konzerte. In den darauffolgenden Jahren arbeiten sie an neuem Songmaterial, die EP Haime erscheint 2018. Die Veröffentlichung des fünften Studioalbums ist für das Frühjahr 2020 angesetzt. (Quelle: Pressetext)

Bevor es jedoch soweit ist erscheint zuvor am 11.10.2019 die Neuauflage des Mila Mar-Albums Picnic on the Moon via Dryland Records. Das Album wurde nicht nur remastered, sondern hat auch ein komplett neues Design bekommen. Außerdem gibt es auf Picnic on the Moon noch einen zusätzlichen Song, der in der älteren Fassung des Albums nicht enthalten ist.

„In The Name Of“ trägt kindliche Naivität im Herzen und steigert langsam die Intensität. Der Song wirkt wie eine akustische Collage verschiedener Bewusstseinszustände. „Sense Of Being“ weicht von der Fantasiesprache ab — es wird englisch gesungen, was sogleich Mainstream kompatibler wirkt. Daran merkt man, wie sehr die Hörgewohnheiten und Sprache zusammenhängen. „Herz“ ist das ganz große Gefühl, hymnisch und mit zarten Glockentönen — inniglich von Anke Hachfeld vorgetragen. Wie es der Name bereits verkündet, enthält „Arabesque“ orientalische Elemente. Der Klang ist überraschend düster und dramatisch. „Yellow Fish“ eliminiert die vorhergehende Düster- nis mit zarten Streichern und einem positivem Vibe. Diesmal wird in Englisch und nicht in der Fantasiesprache gesungen. Der Song nimmt den Platz des kleinen Gute-Laune-Lied- chens ein, das nach Sommer, Sonne und Unbeschwertheit klingt. „Picnic On The Moon“ kehrt zu einer leichten Melancholie zurück, die sich so leicht wie die Schwerelosigkeit des Mondes anfühlt. Den Aha-Moment des Albums bestimmt „Bommerloo“ als minima- listischen Track, der von Anke Hachfelds diesmal bluesig-souligen Gesang dominiert wird. Gesegnet mit einem beachtlichen Tonumfang verfügt sie offenbar über ein reichliches Repertoire an Gesangsstilen, wozu wohl auch der einer Souldiva gehört. Weiter mit- schnippen geht easy mit „Short Cuts“, dem hauchfeines Discoambiente verpasst wurde. „Beside“ als bisher unbekanntes Stück ist düster und mythisch wie ein Chanson Noir. Für Mila Mar eher ungewöhnliches Pianospiel erklingt in „Epilog“, wo wir wieder bei den Elementen der Neoklassik wären.

Fazit: Auf dem Re-Release ist die Reihenfolge der Songs etwas anders als auf der Erstver- öffentlichung aus dem Jahr 2003. Hier wurden die Songs „Top Secret“ und „Nach Elf im Wald“ weggelassen, dafür ist jedoch der Titel „Beside“ dazu genommen. Bei Mila Mar ist von Album zu Album eine sehr schöne Weiterentwicklung zu verfolgen — die einzelnen Elemente ihres Stils vertiefen sich und der Raum für Experimente wird sinnvoll genutzt. „Picnic On The Moon“ (Re-Release) hält auch für versierte Mila Mar Hörer überraschende Momente bereit und ist nicht eine Minute langweilig für diejenigen, die fühlend Hören oder hörend Fühlen vermögen. Man kann das Werk durchaus nebenbei konsumieren, aber dafür ist es nicht gemacht. Das sich Einlassen ist hier der Genuss.

Tracklist:

01 In The Name Of
02 Sense Of Being
03 Herz
04 Arabesque
05 Yellow Fish
06 Picnic On The Moon
07 Bommerloo
08 Short Cuts
09 Beside
10 Epilog

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Release: 11.10.2019
Genre: Folk, Electronica, Alternative Rock
Label: Dryland Records (Alive)

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