Erdling – Helheim (CD-Kritik)

ERDLINGWo ruhmreich auf dem Schlachtfeld gestorbene Krieger nach Walhall einfahren, so bannt es alle anderen in die tiefste und dunkelste aller Welten: HELHEIM. Dies ist nicht nur ein Ort der germanischen Mythologie, sondern auch der Titel des neuen Albums der deutschen Dark-Metal-Combo ERDLING. Mit ihrem nunmehr fünften Langspieler widmen sich das Quartett dem vorherrschenden Alltagschaos und den Hürden und Gedanken, denen der moderne Mensch heutzutage ausgesetzt ist. Erscheinen wird das Werk am 03. Dezember via Out of Line und produziert wurde das Werk von keinem anderen als Lord of the Lost-Mastermind Chris Harms, der bereits beim Vorgänger Yggdrasil seine Finger im Spiel hatte.

Das Album ist wie ein Rausch, der Opener „Rabenherz“ zieht einen ganz tief in den Sog und Flow des Albums, und erst der letzte Track „Baum der Welt“ entlässt einen wieder in die kalte Realität. Man hat sowohl das Gefühl, zeitlos in einer fremden Welt zu verharren, als auch binnen eines Wimpernschlags durch das Album gerauscht zu sein. Dies hat zwei Gründe – zum einem bleiben nur wenige Songs oder Passagen wirklich im Kopf, dass meiste verfliegt auch nach mehrmaligem Hören und schafft es nicht über das Kurzzeitgedächtnis hinaus, zum anderen ist das Album mit einer Spielzeit von nur knapp einer halben Stunde sehr kurz geraten. Was überaus schade ist, denn der Langspieler macht durchaus Spaß. Der Sound treibt stetig nach vorne und das beherrschende Tempo ist sehr flott mit starken Gitarrenriffs und einem Schlagzeug, das durchgehend vorausmarschiert. Stilistisch erinnert viel an das Vorgängerwerk Yggdrasil, ohne aber wie ein Abklatsch zu wirken. Vielmehr wurde noch eine Schippe draufgepackt, HELHEIM wirkt strukturierter und konzeptionierter als noch sein Vorgänger. Als Gesamtwerk sehr stimmig, – lediglich „Es zerfällt“ ein 24 Sekunden Track passt nicht so wirklich ins Bild. Ohne Frage sehr stimmungsvoll, aber leider zerreißt es den Hörfluss etwas. Ein “ganzer Song“ hätte hier sicherlich mehr Mehrwert gehabt. Was definitiv einen Mehrwert hat, ist der bereits veröffentlichte Song „Leuchtfeuer“ – ein berauschendes Tempo und ein Refrain, der einem nur so um die Ohren fliegt. Hier haben ERDLING ein bisschen experimentiert und es hat sich allemal gelohnt. Auch Sänger Neill hat das Stück zu seinem Liebling von HELHEIM auserkoren: “„Leuchtfeuer“ ist meine persönliche Klage an den Umstand, nie wirklich „anzukommen“ und die Äußerung der Sehnsucht nach eben einem Leuchtfeuer, einem Orientierungspunkt. Im Laufe meines Lebens war ich immer rastlos, auf der Suche und nie lange an einem Ort. Das Leben ist manchmal eben eine Art Ozean, der einen Tragen, aber auch gefährlich werden kann. Und die Lehre daraus ist, dass man oft ohne Schwimmhilfe, ohne Boot oder ohne Leuchtfeuer ewig dahintreiben wird, bis es einen in die Tiefe reißt.” Sehr schöne Worte die Stimmung des Songs perfekt einfangen. Die Stimmung ist auf HELHEIM im Allgemeinen sehr eindrucksvoll. Die Instrumentierung hoffnungsvoll mit Kraft und Ausdruck, die Texte nachdenklich und brutal ehrlich (“Der Mensch verdient die Erde nicht”).

Fazit: Ein bisschen hin und hergerissen ist man nach dem Hören von HELHEIM allemal. Das macht wirklich Spaß und man hat absolut kein Bedürfnis, einen Song zu skippen. Neue Eindrücke überschlagen sich und ein Highlight jagt das nächste. Vielleicht ist das auch der Grund, warum kein Song wirklich im Kopf bleibt. Die Titel sind zu schnelllebig, um nachhaltig zu wirken. So hat man aber bei jedem Hören aufs Neue das Gefühl, von einem großartigen Song überrascht und überrollt zu werden. Außerdem passt diese Schnelllebigkeit perfekt ins aktuelle Zeitgeschehen. Vielleicht brauch ich aber auch einfach noch zehn bis zwölf Durch- läufe mehr, damit die Titel eingängig wirken können, bei einem so gelungenen Album hört man aber gerne mehrmals hin.

Tracklist:

01 Rabenherz
02 Götterdämmerung
03 Der Mensch verdient die Erde nicht
04 Leuchtfeuer
05 Fimbulwinter
06 Vogelfrei
07 Es zerfällt
08 Weißglut
09 Helheim
10 Das Ritual
11 Baum der Welt

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Release: 03.12.2021
Genre: NDH/Dark-Metal
Label: Out Of Line

Helheim Tour 2022
+ Special Guest: Soulbound

04.03.2022 Erfurt, From Hell
05.03.2022 Magdeburg, Factory
06.03.2022 Bremen, Tower
09.03.2022 München, Backstage
10.03.2022 Leipzig, Hellraiser
11.03.2022 Bochum, Rockpalast
12.03.2022 Hameln, Sumpfblume
13.03.2022 Berlin, Frannz Club
18.03.2022 Lindau, Club Vaudeville
20.03.2022 Weinheim, Café Central

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