Eisbrecher – Schicksalsmelodien (CD-Kritik)

EisbrecherAls Eisbrecher im Juli ankündigten, gleich an zwei Alben zu arbeiten, wusste man nicht, was da wohl kommen mag. Relativ schnell wurde klar, dass das achte reguläre Eisbrecher-Album erst im Frühjahr 2021 erscheinen wird, dafür aber am 23.10.2020 ein Coveralbum, welches auf den Namen Schicksalsmelodien hört. Ein Coveralbum ist zum einem immer eine große Hommage, eine Verbeugung vor großen Künstlern und Kollegen, denen man mit dem Cover nochmals Respekt zollen will und einem großartigen Song auf ganz neue, eigene Art und Weise neues Leben einhauchen will. Zum anderen ist ein Cover immer auch ein Risiko. Ein Song ist ja nur deswegen coverwürdig, weil er schon großartig ist. Es ist also ein sehr schmaler Grad zwischen einen Song, den eigenen Stempel aufdrücken oder aber ihn zu verhunzen. Wenn sich jemand dieser Herausforderung stellen kann, dann auf jeden Fall die Männer von Eisbrecher, wie sie ja bereits in den verschiedensten Coverversionen (u. a. „Eisbär“, „Das Boot“) bewiesen haben.

Schicksalsmelodien – der Titel sagt es schon, Alexander Wesselsky und Noel Pix haben die Songs angepackt, die einen Einfluss auf sie hatten und den eigenen Werde- und Schaffensgang nachhaltig beeinflusst haben. Beginnend in den frühen 80ern bis hin zur aktuellen Zeit ist alles mit dabei, was Rang und Namen hat. Insgesamt 14 Song und Bands haben es auf den Silberling geschafft. Die größte Überraschung ist wohl der Heavy Metal Alltime Klassiker „All We Are“ von Warlock. Ein großartiger Song, aber tatsächlich muss man sich einige Zeilen lang daran gewöhnen, dass man einen Eisbrechersong auf Englisch hört. Natürlich darf auch der wohl am häufigsten gecoverte Song in der schwarzen Szene nicht fehlen – „Out of the Dark“ vom österreichischen Musikgenie Falco. Die Eisbrecher-Version ist sicher nicht das beste Cover, das von diesem Hit existiert, aber sie hat auf jeden Fall ihre Daseinsberechtigung. Etwas rockiger und treibender als das Original, aber weniger arrogant. Genau das hätte dem Song aber gut getan und ich bin mir sicher, dass Alex Wesselsy ähnlich wie ein Falco die Fähigkeit hat, so viel Arroganz in die Stimme zu packen, dass es gut, aber nicht überheblich klingt. Absolut gelungen ist dafür aber der Opener „Skandal im Sperrbezirk“ im Original von der Band Spider Murphy Gang. Eine Interpre- tation, die dem Original in Witz, Charakter und Ironie in nichts nach. Mit einem Augen- zwinkern muss man wohl „Freiflug“ von Megaherz betrachten. Warum sie ausgerechnet diesen Song ausgesucht haben, mag dahingestellt sein, wenn man aber bedenkt, dass die Zeit bei Megaherz beide Musiker nachhaltig beeinflusst haben wird, ist es definitiv mehr als verständlich, dass es auch ein Song aus dieser Zeit auf Schicksalsmelodien geschafft hat. Sich nach 20 Jahren selbst covern zu können, das können auch nicht viele von sich behaupten. Natürlich gibt es noch einen Song, der auf so einem Album nicht fehlen darf und auch den haben Eisbrecher ganz hervorragend interpretiert. „Goldener Reiter“ von Joachim Witt bekommt ein paar elektronische Elemente verpasst und eine ordentliche Ladung Gitarren, die den Song kraftvoll nach vorne treiben. Das in Kombination mit Wesselskys markanter Stimme funktioniert hervorragend. Aber auch aus jungen Jahren dürfen sich Künstler geehrt fühlen. „Stoßgebet“ von Powerwolf wurde ja bereits vor einiger Zeit veröffentlicht und konnte auf voller Linie überzeugen, aber auch Die Toten Hosen („Disko in Moskau“) und ASP („Schwarzes Blut“) haben ihren Platz gefunden. Der heimliche Favorit ist meiner Meinung nach aber ein Song, den man beim Lesen der Setlist gar nicht so auf dem Schirm hat. Rheingolds „Das steht dir gut“ bekommt ordentlich Feuer unterm Arsch gemacht, ein fettes Schlagzeug im Hintergrund und eine volle Ladung Emotion. Ein eh schon großartiger Song, der absolut ins Ohr geht. Zum Abschluss bekom- men wir noch mit dem Stück „Schicksal“ ein kurzes, ruhiges Klavierstück, das den perfek- ten Abschluss und einen idealen Fade Out bildet.

Fazit: Wahnsinn – absolut jeder betroffene Künstler darf sich wirklich geehrt fühlen. Eisbrecher haben es geschafft, vierzehn Songs auf ihre ganz eigene Art und Weise zu interpretieren, ihnen neues Leben einzuhauchen, aber dabei so nah am Original zu bleiben, dass es zu jeder Sekunde erkennbar ist. Einen Griff ins Klo sucht man auf diesem Langspieler vergebens – ganz im Gegenteil, was hier abgeliefert wurde, ist ganz großes Kino und Eisbrecher beweisen wieder einmal ihr musikalisches Talent und Feingefühl, gepaart mit ganz großer Klasse. Vollkommen zurecht haben sie ihren Platz weit oben am deutschen Rockolymp und machen wieder einmal klar, dass sie von dort nicht weichen werden. Schicksalsmelodien macht richtig Spaß und unfassbar neugierig auf das, was 2021 noch auf uns wartet.

Tracklist:

01. Skandal im Sperrbezirk (Spider Murphy Gang)
02. Anna Lassmichrein Lassmichraus (Trio)
03. Disco in Moskau (Die Toten Hosen)
04. Out Of The Dark (Falco)
05. Stossgebet (Powerwolf)
06. All We Are (Warlock)
07. Goldener Reiter (Joachim Witt)
08. Freiflug (Megaherz)
09. Bitte, Bitte (Die Ärzte)
10. Eins, Zwei, Polizei (Mo-Do)
11. Flieger grüß mir die Sonne (Hans Albers)
12. Menschenfresser (Rio Reiser)
13. Das steht ihr gut (Rheingold)
14. Schwarzes Blut (ASP)
15. Schicksal

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VÖ: 23.10.2020
Genre: NDH, Rock
Label: Rca Deutschland (Sony Music)

Eisbrecher Tour 2021
+ Special Guest: Schattenmann

05.11.2021 Bochum, Ruhrkongress
06.11.2021 Dresden, Alter Schlachthof
07.11.2021 Berlin, Columbiahalle
11.11.2021 Fürth, Stadthalle
12.11.2021 Hannover, Swiss Life Hall
13.11.2021 München, Zenith
19.11.2021 Wien (A), Gasometer
20.11.2021 Leipzig, Haus Auensee
26.11.2021 Hamburg, edel-optics.de Arena
27.11.2021 Ludwigsburg, MHP Arena
28.11.2021 Wiesbaden, Schlachthof
18.09.2021 Neu-Ulm, Ratiopharm Arena (Volle Kraft Voraus Festival)

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