Alphaville – Afternoons In Utopia (Remaster) (CD-Kritik)

AlphavilleGleich am Anfang einen großen Hit zu haben, ist manchmal gleichzeitig Fluch und Segen. Während das Debütalbum der Münsteraner Band Alphaville mit dem Titel „Forever Young“ direkt die Top 3 knackte und die eine oder andere goldene Platte hervorbrachte, blieben die nachfolgenden Alben erfolgsmäßig dahinter zurück. Doch was die damals noch junge Gruppe Alphaville nach ihrem großen Hit zustande brachte, verdient trotzdem einige Beachtung. Wie gut, dass man mit den üppigen Deluxe-Editionen der beiden Nachfolgealben eben dies neu entdecken kann.

So bietet „Afternoons In Utopia“, erstmals erschienen vor 35 Jahren, so manches Hörens- wertes. Direkt „Fantastic Dreams“ ist mit großen Synth-Arrangements und mancherlei 70s-Gefühl sowie einer guten Note Pathos ein Beispiel derselben Qualitäten, die Songs wie „Forever Young“ oder „Sounds Like A Melody“ in sich trugen – Ohrwurmfaktor und Marian Golds wahnsinnige Stimme. Auch „Dance With Me“ lässt sich im durchaus gelungenen Remaster gut wiederentdecken – mit schickem Tempo und Parolen, die dazu aufrufen, alles andere auszublenden, wird dieser Song dem Titel durchaus gerecht. Auch „Red Rose“ liefert ähnlichen Drive, Opulenz und Wumms, der in die Hüften geht. Der Titeltrack wiederum kommt reduziert, mit mancherlei Operncharakter und ordentlich Zucker daher.

Generell finden sich hier einige Referenzen in Richtung der Oper, aber auch in Richtung des Futurismus zur Geltung. Insbesondere die Soundlandschaften, die besagter Titeltrack oder auch „Universal Daddy“ transportieren, zeugen von der – wie Farin Urlaub es nannte – Faszination Weltraum. Auch die Rahmenbildung – mit Intro, Outro und Zwischenstück – gelingt hier ganz wunderbar, obwohl die Stringenz weniger im Verfolgen eines Konzepts, als in der Findung der nächsten zuckersüßen Hymne besteht. Die Lyrics sind derweil, typisch 80er, hinreißend bekloppt: „Any girl from any nation / Any boy could drive my car / I’ll supply the next sensation / It’ll happen if you wish upon a star.“ An allen Ecken wird geträumt, und dann faden die Songs eben irgendwann einfach aus.

Highlight des Albums für mich hingegen ist auch das extrem „Ashes To Ashes“-artige „The Voyager“, das Bowie-Geist in sich trägt wie nichts Zweites. Auch „Lassie Come Home“ erinnert an das britische Genie, insbesondere an den ersten Auftritt eines gewissen Major Tom. Doch seien wir ehrlich: Marian Gold zu lauschen, dieser ungebrochen hohen und warmen Stimme mit mancherlei Kraft und allerlei Variationsfähigkeit, ist immer ein Hoch- genuss (was er allein auf „Carol Masters“ wegsingt, ist schon ziemlich bemerkenswert), auch wenn das Album einige Durchhänger hat. Diese Platte ist nun einfach mal ein ziemlich gutes Stück Pop, Kind seiner Zeit, nicht sonderlich bahnbrechend, und während die einzelnen Nummer nicht zu solchen Übernummern wie „Big In Japan“ oder „Sounds Like A Melody“ lancieren könnten, so sieht man hier doch eindeutig ebenjenes Talent, das solche Nummern hervorzubringen wusste. Zeitlos ist diese Musik zwar nicht, auf jeden Fall aber eine schöne Erinnerung, und so ganz generell eine durchaus gute Platte.

Für die Sammler:innen liefert die Bonus-CD noch einige Remixes und B-Seiten der Single, wie man es halt so macht. Die Remixes sind allesamt ausgesprochen nett, doch der wirkliche Juwel ist hier die Unplugged-Version von „Dance With Me“, die dem Song eine wirklich schöne neue Energie verschafft. Diese Version ist ein wirklicher Hörgenuss und ein famoser Endpunkt, wie eine Reprise, und lädt zum Feuerzeughochhalten ein.

Fazit: Zurück in die Zukunft! Mit dem Remaster von „Afternoons In Utopia“ gibt es eine Dosis guter Laune und Retrocharakter, durchweg sympathisch und gut gemacht, ohne den Anspruch, das Rad neu zu erfinden. Spaßig ist dieses Album allemal, die Melodien gehen ins Ohr, der Charme transportiert sich nach wie vor. Sammler:innen dürften sich besonders über die Bonus-CD freuen, alle anderen bekommen die Möglichkeit, diesen Klassiker mal (wieder) zu entdecken. Ein angenehmes Gesamtpaket.

Tracklist:

CD 1:
01 IAO
02 Fantastic Dream
03 Jerusalem
04 Dance With Me
05 Afternoons In Utopia
06 Sensations
07 20th Century
08 The Voyager
09 Carol Masters
10 Universal Daddy
11 Lassie Come Home
12 Red Rose
13 Lady Bright

CD 2:
01 Dance With Me – Empire Remix
02 Universal Daddy – Aquarian Dance Remix
03 Jerusalem – The Palace Version
04 Sensations – Club Mix
05 Red Rose – The Remix
06 The Nelson Highrise (Sector 2 The Mirror)
07 Next Generation
08 Vingt Mille Lieues Sous Les Mers
09 Big Yello Sun (Concrete Soundtraxx For Imaginary Films I)
10 Red Rose – 7 Inch Remix
11 Sensations – 7 Inch Remix
12 Carol Masters – Original Demo
13 Lassie Come Home – Original Demo
14 Dance With Me – unplugged – Live in Salt Lake City 1999

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VÖ: 07.05.2021
Genre: Synthpop
Label: Warner

Alphaville im Web:

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