Im Interview mit ILLUMINATE

Kaum eine andere Band innerhalb der deutschsprachigen Alternative / (Dark)Wave-Szene hat in den letzten Jahren die Medien und Hörer so polarisiert wie Illuminate. Entweder in den siebten Himmel gelobt oder als „Schlager“ verrissen – die Truppe um Mastermind Johannes Berthold hat der Schwarzen Szene in den letzten zwei Dekaden im wahrsten Sinne des Wortes ihren Stempel aufgedrückt! Illuminate schaffen es, klassische Elemente, tanzbare Rhythmen, elektronische Soundcollagen, romantische Klavierpassagen und wuchtige Gitarren miteinander zu kombinieren, ohne dabei jemals ihrem ganz typischen, unverkennbaren Sound untreu zu werden.
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DMW: Erst einmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Wie geht es euch?

Johannes: Danke der Nachfrage. Ich kann natürlich nur für mich selbst antworten und nicht stellvertretend für die anderen Bandmitglieder. Aber es geht mir sehr gut im Moment. Die neue CD „GeZeichnet“ kommt in wenigen Tagen in die Läden, alle Arbeiten sind abgeschlossen und wir sind super zufrieden mit dem Ergebnis. Privat ist auch alles im grünen Bereich…was will man mehr?!

DMW: Euer neues Album heißt GeZeichnet. GeZeichnet vom Leben oder im Sinne Zeichnung?

Johannes: Wenn Du Dir das Artwork der CD anschaust, siehst Du, dass wir das durchaus doppeldeutig meinen. Zum einen die Zeichnungen in Form von Wunden und Narben, welche einem das Leben geschlagen hat. Auf der anderen Seite wollte ich gerne ein gezeichnetes Booklet bei der neuen CD haben. Da hat sich dieses Wortspiel natürlich wunderbar angeboten.

Da wir in den letzten Jahren bei unseren CDs öfert schon solche Wortspiele verwendet haben („ZwischenWelten“, „AugenBlicke“), hat sich das auch diesmal geradezu aufgedrängt.

DMW: GeZeichnet ist bereits das 16. Studioalbum. Woher nimmt man die Inspiration für so viele Alben?

Johannes: Du musst natürlich den Zeitraum von fast 23 Jahren sehen, in welchem diese Alben entstanden sind. Das ist schon viel, viel mehr als mein halbes Leben. Da ich kein Tagebuch schreibe, sondern persönliche Erlebnisse, Erfahrungen und Emotionen sofort in musikalischer Form verarbeite, kommt immer etwas zusammen, um auf CD gepresst zu werden.

Uns wird ja immer vorgeworfen, dass wir zu direkt, zu intim, zu „kitschig“ an die Themen herangehen. Dies hängt eben mit dem sehr direkten und persönlichen Bezug zusammen, welchen wir zu den einzelnen Stücken haben. Manch einem Hörer geht das zu weit, wohingegen sich andere perfekt damit identifizieren können. Eine echte Gradwanderung eben…

DMW: Ich hatte bei EMP den Ausdruck Pop-Apeal im Bezug auf eure neue Scheibe gelesen. Wie steht ihr diesen neumodischen Ausdrücken gegenüber? Auch im Bezug auf Genres?

Johannes: Wir bedienen bewusst keine Genres und haben solche eine Schubladen-Klassifizierung auch stets abgelehnt. Natürlich sind wir aufgrund unserer musikalischen Darbietungsweise und der (früher stattgefundenen) pantomimischen Shows, sowie unserer „Optik“ sofort in die Richtung Darkwave, Gothic, Neue Deutsche Todeskunst und ähnliches verortet worden. Ich kann damit auch ganz gut leben, obwohl ich das nicht (immer) so sehe. Zwischenzeitlich – durch den verstärkten Einsatz von Gitarren und echtem Schlagzeug – bezeichnete man unsere Musik als „Gothic-Metal“. Heute habe ich „Deutschrock“ gelesen – zudem war auch schon mal der Begriff „Synthiepop“ im Gespräch, sowie natürlich der abschätzig gemeinte „Schlager“. Ich selbst – obwohl studierter Musiker – kann gar nicht sagen, wo ich uns am ehesten sehe. Ich mache Musik für Menschen, die gerne Musik hören und schreibe Texte für Menschen, die gerne Texte lesen und hören. Ich möchte verstanden werden – eine Klassifizierung ist da absolut sekundär.

DMW: Ihr seit mittlerweile 22 Jahre in der Musikwelt unterwegs. Gebt ihr uns einen kleinen Rückblick der Highlights?

Johannes: Das ist mit Abstand eine der schwersten Fragen! In solch einem langen Zeitraum erlebt man einfach zu viele tolle und prägende Dinge, um zwei, drei Highlights herauszupicken…

Wenn ich aber unbedingt antworten soll, würde ich sagen (ohne bestimmte Reihenfolge): Unser erster Vertriebsdeal mit einem Major (Warner-Music) war eine Sensation für mich. Die erste Konzertreise nach Mexiko und die dortigen Erlebnisse waren unbeschreiblich – so etwas erlebt man in Europa einfach nicht. Der erste Auftritt auf der Hauptbühne beim ZILLO-Festival (dem heutigen M’era Luna) vor etwa 15.000 Gästen war unglaublich – ich wäre in den Stunden davor merhrfach fast gestorben. Die Band zu sein, welche am häufigsten beim Wave-Gotik-Treffen aufgetreten ist, macht mich stolz und ist sicherlich ein Highlight. Nach beinahe 23 Jahren hier ein Interview zu unserem 16. Album geben zu dürfen…Wahnsinn…!

DMW: Ist die Stimmung nach so langer Zeit in der Band immer noch genau so wie am Anfang, oder inwiefern hat sich da was verändert?

Johannes: Wir sind natürlich viel professioneller geworden. Vor einem Konzert treffen wir uns noch maximal zwei, drei mal, um die Stücke zu proben. Ansonsten sehen wir uns eher selten. Wir sind ein solch eingespieltes Team, dass alle Handgriffe wie im Schlaf laufen.

Natürlich freuen wir uns nach wie vor gemeinsam über Erfolge, trauern gemeinsam über Misserfolge und genießen die gemeinsame Zeit auf Tour, im Flieger oder im Bus, sowie auf den Konzerten und im Studio.

Vielleicht sind wir nicht mehr ganz so blauäugig wie noch vor zehn, fünfzehn Jahren…das wird wohl die größte Veränderung sein.

DMW: Illuminate auf Facebook – wie wichtig sind Social Medias für euch?

Johannes: Ich selbst mag das nicht so sehr, aber es ist heutzutage absolut unverzichbar geworden. Wenn ich sehe, dass ein Beitrag auf unserer offiziellen ILLUMINATE-Facebook-Seite innerhalb weniger Tage von über 10.000 Fans wahrgenommen und „geliked“ wird, so könnte ich das niemals (!) über eine reguläre Homepage oder gar die Printmedien erreichen.

Ich selbst sehne mich manchmal in die Zeit ohne Internet, Smartphones und den ganzen bekloppten Socoal Media Käse zurück. Auf der anderen Seite bin ich aber auch nicht technikfeindlich und genieße durchaus die Vorzüge, welche diese ganzen Technologien mit sich bringen.

DMW: Ich war auf eurer HP, die scheint ein wenig eingestaubt zu sein. Erwarten uns auch dort in Kürze evtl. News?

Johannes: Siehe die Frage von eben.

DMW: Darf man sich noch in diesem Jahr auf eine „GeZeichnet“ Tour freuen?

Johannes: Eine richtige Tour im Sinne des Wortes wird es eher wohl nicht geben. Die Gründe hierfür liegen aber im logistischen Bereich – man muss ja immer rund 10 Leute (Band, Techniker, Helfer) terminlich unter einen Hut bekommen, was stets eine heftigste Herausforderung darstellt. Wir sind live in diesem Jahr noch in Berlin (06.11.), Dresden (07.11.) und Leipzig (25.12.) zu hören und zu sehen (Stand: 12.05.). Vielleicht kommen noch zwei, drei Konzerte hinzu?! Mal sehen…

DMW: Stellt Euch vor, Ihr bekommt Besuch von einer guten Fee, die Euch 3 Wünsche erfüllt. Was würdet ihr euch wünschen?

Johannes: Gesund und munter bleiben. Den Spaß an der Musik niemals verlieren. In 20 Jahren immer noch solche Interviews geben zu können/dürfen.

Vielen Dank für das nette Interview und viele liebe Grüße!
Johannes Berthold

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