Hanzel und Gretyl – Hexennacht (CD-Kritik)

Wenn man sich mit der Band Hanzel und Gretyl beschäftigen will, dann braucht man vor allem eins – einen guten Sinn für Humor und das Verständnis von Sarkasmus. Denn sehr humoristisch betrachtet das Duo seine Performance. Texte halb englisch, halb im schlechten Deutsch gepaart mit reißerischen Parolen und untermalt von donnernden Gitarren, ausgeschmückt mit kräftigem Gesang. Bayerisches Halloween, so wird ihr neues Werk in der offiziellen Pressemitteilung umschrieben, das macht natürlich neugierig und lässt einen halb wissend, halb ahnungslos zurück. Hanzel und Gretyl sind eine Band, die ihr Potential viel zu lange nicht ausschöpfen durften und dann mit viel Wut im Bauch zurückkamen. Das hat man auf den letzten Veröffentlichungen deutlich gehört und das hat der Entwicklung der Band auch sehr gut getan. Jetzt aber kommt mit Hexennacht ein neues Studioalbum, dass nicht nur wütend, sondern auch strukturiert und durchdacht klingt.

Hexennacht passt natürlich zum gesamten Bandkonzept von Hanzel und Gretyl. Die böse Hexe wird brennen und wie im Märchen nimmt alles ein gutes, wenn auch Grausames, Ende. Und genauso klingt der neue Langspieler tatsächlich auch. Einerseits grausam – viele harten Beats und düstere Passagen wirken oftmals beklemmend, gepaart mit Einspieler wie Wolfsgeheul fühlt man sich gleich, wie nachts alleine im Wald. Andererseits lassen einen die treibenden Klänge nicht mehr los und pushen den Hörer immer weiter vorwärts. Dieses Kontrastprogramm funktioniert absolut hervorragend und schon nach wenigen Klängen ist man fest gefangen im Bann des Duos, die so manches mal an den Grauzonen des guten Geschmacks kratzen, diese Gratwanderung aber jedes Mal aufs Neue wieder bestehen. Was das ganze mit bayerischem Halloween zu tun hat, hab ich aber auch nach mehrmaligem Hören nicht verstanden. Vielleicht liegt das daran, dass ich selbst aus Bayern komme und somit eine ganz andere Sicht auf dieses Völkchen habe, als Außenstehende. Deutsche und vor allem Bayern werden in den USA ja gerne als Trachttragende, Oktober- festabhängige, traditionalistische Biertrinker gesehen, so gesehen, passt Hexennacht in seinen traditionsbehafteten Grundzügen ganz gut auf dieses Bild. Woran man sich als deutscher, bzw. Muttersprachler gewöhnen muss, sind die immer wiederkehrenden deutschen Textpassagen, die oftmals gar nicht zu passen scheinen. Im Land der Dichter und Denker, der Sprache mit unbegrenzten Möglichkeiten, scheint es oftmals pure Verge- waltigung des Wortlauts zu sein, aber wenn man das ganze mit etwas Humor und einer Prise Selbstironie betrachtet gewöhnt man sich schnell daran und kann dem ganzen sogar viel Positives abgewinnen. Als reines Stilmittel betrachtet machen die deutschen Textaus- schnitte auf jeden Fall Sinn und haben eine einnehmende Wirkung, die jedem Text den besonderen Touch verleiht. Aber abgesehen von diesem Merkmal muss man wirklich ein großes Lob aussprechen. Jeder Song auf Hexennacht klingt anders, kaum ein Element wiederholt sich, aber dennoch erkennt man bei jedem Song unverkennbar den Stil von Hanzel und Gretyl. Rein musikalisch betrachtet hat man eine hochqualitative Grundlage, auf die viel aufbaut. Jedes Instrument ist klar zu identifizieren und vor allem dem Schlag- zeug wird raumgreifend viel Platz geboten um kräftig den Takt zu geben, an dem sich alles orientiert. Alle weiteren Elemente ordnen sich unter, oder aber zu verschwinden und elektronische Einspieler nehmen genau so viel raum ein, um verstärkend aber nicht einzunehmen.

Fazit: Hanzel und Gretyl sind auf jeden Fall etwas ganz besonders. Entweder man kann mit ihrer Musik etwas anfangen, oder sie stößt einen komplett ab. Ich für meinen Teil konnte den 12 Tracks sehr viel abgewinnen und muss zugeben, ich bin begeisterter, als ich zu Beginn zu hoffen gewagt habe. Musikalisch durchdachte Tracks gepaart mit verkünstelten Elementen und instrumentalem Geschick. Wer von dieser Combo noch nichts gehört hat, sollte auf jeden Fall ein Ohr riskieren und sich auf das musikalische Abenteuer durch Grimms Märchen wagen.

Tracklist:

01. Hexennacht
02. Draconia Teutonik
03. Nüll
04. Vultures ov Death
05. Wolves + Witches
06. Jägermond
07. Der Kaiz3rn8tor
08. Hellmeister
09. Triple Hexxx
10. Cursed Be
11. O Great Hekate
12. Ein Kleine Hexennacht Muzik

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Release: 13.12.2019
Genre: Industrial Metal
Label: Metropolis Records

Hanzel und Gretyl im Web:

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