Empathy Test – Monsters (CD-Kritik)

Empathy TestIm November 2017 gab es einen Paukenschlag, als Empathy Test gleich zwei Alben auf einmal veröffentlichten. Safe From Harm und Losing Touch waren zwei klanggewaltige Ausrufezeichen, die nicht nur Fans und Kritiker begeistern konnten. Musikalisch in ihrer ganz eigenen Sphäre schaffen es Isaac Howlett und Adam Relf immer wieder einen Sog zu erzeugen, der schwer in Worte zu fassen ist. In den letzten zwei Jahren erblickten noch die EPs Holy Rivers (2018) und Empty Handed (2019) das Licht der Welt und auch hier kann man nur von Meisterwerken sprechen. Es folgten einige Touren mit Szenegrößen wie u. a. VNV Nation und Aesthetic Perfection, aber auch so manches Festival wie z. B. das allseits beliebte M’era Luna in Hildesheim wurde schon erfolgreich bespielt. Jetzt erscheint am 22.05.2020 das neue Studioalbum Monsters.

10 Songs, die durch die verschiedensten Klangwelten tragen, haben die zwei Londoner auf dem neuen Album zusammengetragen. Der erste. namensgebende Track „Monsters“ kann vor allem durch sein experimentelles Intro überzeugen kann. Der Gesang bekommt genug Raum eingeräumt, verschwindet aber doch hin und wieder im Hintergrund um dann mit einer Intensität wieder den Platz einzufordern, den er mehr als verdient hat. Ein grandioses Wechselspiel untermauert von einer treibenden Melodie, die durch alle Gezeiten zu schweben scheint. Der Langspieler verbreitet durch seine Komposition ein sehr angenehmes Gefühl. Eine Mischung aus Wohlgefallen, Melancholie und tiefster Zufriedenheit wird transportiert und lässt einen kurzzeitig alle Sorgen vergessen. Klingt kitschig und verschwurbelt, ist aber genau so. Nur wenige Songs brechen aus dem Muster. Zum Beispiel wird in „Holy Rivers“ etwas Tempo aufgenommen und der Beat treibt vorwärts. Auch der direkt darauf folgende Track „Fear of Disappearing“ zieht noch einmal an und lädt sogar zum Tanzen ein. Von der Komposition wurden die Songs überaus klug im Gesamtkonzept des Albums platziert. Es beginnt mit der sorglosen Schwerelosigkeit, geht über in eine treibende Aufbruchstimmung, die in „Skin“ noch mal aufgenommen wird, um in „Love Moves“ einen würdigen Abschluss zu finden, der einen langsam wieder zur Ruhe bringt. Auch wenn die Songs sich stilistisch alle sehr ähnlich sind, schaffen es Empathy Test einen musikalischen Spannungsbogen zu erzeugen und mit jedem Song eine sanfte Steigerung zu vollführen, die einem Drahtseilakt gleicht. Noch schöner ist allerdings das sanfte Auslaufen, dass einen vorsichtig wieder auf den Boden der Tatsachen absetzt und zurück in die Realität entlässt.

Wenn es Musiker schaffen, mit wenig Effekten und gefühlvollen Klängen so viele Emo- tionen zu übertragen, dann ist das der Ausdruck von ganz großen Können. Die zwei 2017 erschienenen Alben haben schon das Tor in eine neue musikalische Welt geöffnet, aber mit Monsters wird ein weiterer Meilenstein in der Geschichte von Empathy Test erreicht. Nicht nur auf einer emotionalen Ebene ein großartiges Album, sondern auch technisch aller erste Sahne. Die Abmischungen wirken sauber und durchdacht, die Kompositionen ergänzen sich perfekt, elektronische Effekte nehmen den Raum ein, den sie brauchen, um ihre Wirkung voll zu entfalten, ohne zu überlagern. Highlight ist aber auf jeden Fall ein weiteres Mal das Zutun von Isaac Howlett. Seine einzigartige Stimme, verpackt in den genannten Klangwelten kann mehr als überzeugen. Das Ganze ohne auch nur einen Anflug von Eintönigkeit oder Langeweile. Den einzigen Punkt, den man negativ auslegen kann, ist, dass man in der richtigen Stimmung sein muss, um die Songs zu hören. Ist man voller Adrenalin und auf Party aus, ist man bei Empathy Test an der falschen Adresse. Hier können dann vielleicht nur einzelne Songs überzeugen, das Album als Gesamtwerk würde aber vermutlich durchfallen. Das macht aber gar nichts, denn dafür gibt es genug andere Künstler. Empathy Test haben ihren Wirkungskreis gefunden und wenn man etwas Abwechslung sucht und mit der übertragenen Stimmung arbeiten kann, ist man wiederum genau richtig.

Fazit: Empathy Test ist keine Band, die man einfach so nebenbei hört, ohne es wirklich war zu nehmen. Empathy Test belegen eine Nische im Synthiepop-Genre, die nur schwer zu begreifen ist. Nur wenige Bands schaffen es mit so einfachen Mitteln, so viele Emotionen zu transportieren. Monsters fühlt sich ein bisschen an, wie die heiße Schokolade an einem stürmischen Tag, wie der erste Sonnenstrahl nach einem langen Winter, oder wie die Band die du brauchst, um zu begreifen, dass Musik so viel mehr sein kann als Zeitvertreib.

Tracklist: 01 Monsters 02 Empty Handed 03 Doubts 04 Making Worlds 05 Stop 06 Holy Rivers 07 Fear of Disappearing 08 Incubation Song 09 Skin 10 Love Moves Kaufen: Amazon Release: 22.05.2021 Genre: Electronic-Pop Label: Empathy Test Empathy Test im Web: Homepage Facebook