Die Habenichtse – Heckenpennerutopie (CD-Kritik)

Die HabenichtseMit ihrem dritten Album Heckenpennerutopie entwerfen die Habenichtse, die fröhlichen Heckenpenner von nebenan, mit viel Augenzwinkern, aber auch dem einen oder anderen ernsthaften Zwischenton, eine schöne neue Welt voller Schnorrerei, Freiheit und Betrunkenheit. 10 Lieder, exklusiv ausgewählt, entranzt, gebügelt und poliert, geben der Heckenpennerutopie Gesicht und Stimme. Das Ganze präsentiert in akkustischem Bettlerfolk nach Habenichtse-Art – mit Gitarre, Bass, Akkordeon und mehrstimmigem Gesang, erstmals erweitert um Schlagzeug und Saxophon. Tanzbar, trinkbar, absurd, nachdenklich, traurig-komisch, ganz so wie sich heckenpennerige Habenichtse die perfekte Welt vorstellen. Die Heckenpennerutopie ist für jeden, der handgemachten deutschsprachigen Folk mit starkem komödiantischem Fokus mag. Für jeden, der im Mittelalter oder Fantasy unter- wegs ist und gerne feiert und für jeden, der Musik mag, die vielleicht manchmal ein bisschen bekloppt, aber von Herzen ist. (Quelle: Pressetext)

Das klingt genau wie diese gute Laune Musik, die man während Zeiten von Konzertentzug und Mindestabstand gebrauchen kann. Ich muss gestehen, dass mir der Titel jedes mal beim Lesen aufs Neue Probleme macht. Hat man den Titeltrack, der zugleich auch der Opener des Albums ist aber einmal gehört, brennt sich „Heckenpennerutopie“ in den Kopf. Man darf keine musikalische Glanzleistung erwarten, sondern solides Gedudel, das auf einem anständigen Niveau den Hörer nach allen Regeln der Kunst bespaßen kann. Der Gesang in den Strophen wechselt immer mal wieder zwischen Diego Pappenheimer, Roderik, der räudigen Ronja und Läuse Lilly (alleine für die Namensgebung würde ich gerne einen Preis vergeben), wobei ich gestehen muss, dass mir die weiblichen Ge- sangsparts nicht gefallen. Hier wirken viel Töne disharmonisch und fehl am Platz. In Kombination, bei mehrstimmigem Gesang, hingegen funktioniert das ganz gut. Umso besser gefallen mir die männlichen Gesangsparts, die mich deutlich mehr mitreisen und überzeugen können. Dieser ist glücklicherweise auch vermehrt eingesetzt worden, auch wenn mal ein ernster, ruhiger Ton angeschlagen wird, wie in „Überleben“. Hier kann man zwar über die eine oder andere Textzeile schmunzeln, die Grundaussage ist aber eine ehrlich und dramatische, über die man mal nachdenken sollte. „[ …] hier schläft man kalt, nagender Hunger, [ …] der Rest vom Gebiss vom Skorbut abgekaut und keiner schaut“. Untermalt wird der traurige Gesang noch von einem tiefen Saxophon, was den gewünschten, deprimierten Effekt erzielen kann. Da darf man sich ruhig mal wieder auf das wirklich Wichtige besinnen und über das Nachdenken was wirklich zählt und wieder das schätzen, was man hat. Die Habenichts schaffen es zum Glück, nach so einem Down den Hörer schnell wieder zu erquicken, mit meinem persönlichen Highlight „Bierzeps“. Wilde Wortspielereien mit so allerhand alkoholischem Gesöff sorgen für einen plötzlichen Stimmungsaufschwung und verleiten zur wilden Feierei. Im nachfolgenden Track „Hum- penstielzchen“ wird die Stimmung aufgegriffen und alle schlechten Gedanken verworfen. Die Instrumentierung passt immer zu 100 % zu der vom Gesang vermittelten Stimmung und kann auch bei schnellen Tempowechseln mithalten, ohne überworfen zu klingen. Im Großen und Ganzen kann man auch von einer gelungenen Abmischung und einem harmonischen Zusammenspiel sprechen, welches die sechsköpfige Band mit ihrem neuen Studioalbum abliefert. Besonders hervorheben sollte man neben der vermittelten guten Laune aber unbedingt die Kreativität, die beim Songwriting von Nöten war um sämtliche Neologismen in diesem Album zu kreieren und passend einzubauen.

Fazit: Auch wenn man hier kein musikalisches Meisterwerk bekommt, kann Heckenpen- nerutopie doch auf voller Linie überzeugen, denn man bekommt genau das, was einem versprochen wird – deutschsprachiger Folk mit stark komödiantischem Fokus. Nicht mehr und auch nicht weniger. Über einzelne Schwächen im Gesang kann man getrost hinweg- sehen, denn die gute Laune, die das Album in seiner Gesamtheit vermittelt, lässt keinen Spielraum für Zweifel oder Miesepetrigkeit. Es gibt nur eine Ansage, hoch die Krüge und rein ins Vergnügen.

Tracklist:

01 Heckenpennerutopie
02 Freiheitstanz
03 Ode an die Unterhose
04 Der Freiheit Poesie
05 Schon.Zeit
06 Überleben
07 Bierzeps
08 Humpenstielzchen
09 Katjusha
10 Lass den Jung in Ruh

Kaufen: Amazon

Release: 17.07.2020
Genre: Mittelalterlicher Bettelfolk
Label: Timezone

Die Habenichtse im Web:

Homepage

Facebook