Blind Channel – Violent Pop (CD-Kritik)

Blind ChannelIn Finnland sind Blind Channel, die sich 2013 in Oulu gründeten, schon richtige Popstars. Ihre Musik bezeichnet die Band selbst als Violent Pop. Mit ihren ganz eigenen Style und ihren äußerst energiegeladenen Live-Shows konnten sie recht schnell immer mehr Fans für sich gewinnen. Zuletzt sorgte die Band mit ihrem Studioalbum »Blood Brothers« (2018), das mit donnernden Riffs, eingängigen Grooves und aufpeitschende Vocals aufwartet, für Aufsehen. Nach Auftritten auf großen Festivals wie dem Tuska Open Air oder Weekend Festival durfte das finnische Quintett sogar im letzten Jahr als Headliner auf dem Rockfest, welches das größte Festival seiner Art in Finnland ist, in Hyvinkää spielen. Aber auch in Deutschland konnte man Blind Channel schon im Vorprogramm von Hollywood Undead und Eskimo Callboy, auf dem Out Of Line Weekender 2019 und im Februar dieses Jahres für einzelne eigene Headline-Shows live erleben. Knapp zwei Jahre nach »Blood Brothers« steht nun endlich das Nachfolgewerk in den Startlöchern. »Violent Pop« – so lautet der Titel des dritten Studiowerkes, das am 06. März 2020 via Out Of Line Music erscheint.

Der neue Langspieler wartet insgesamt mit elf Songs auf, die einem Rundumschlag gleichen und keine Verschnaufpause zulassen. Es kommt ja eher selten vor, dass man bei jedem Song aufs Neue überrascht wird und zudem noch begeistert ist. Denn normaler- weise findet man ja ein, zwei Highlights, eine Handvoll gute Songs und ein paar über die man gerne mal hinwegskippt auf einem Album. Hier ist es aber tatsächlich so, dass ich mich von Song zu Song quasi in Rage gehört habe und jeden Titel unfassbar gut finde. In jedem Stück bekommt man eine kleine Besonderheit geboten, die den Song von den restlichen Tracks abgrenzen. „Died Enough For You“ kann zum Beispiel durch ein mit- reisendes, geflüstertes Intro aufwarten. Die Songs im Allgemeinen lassen sich aber nicht wirklich einem speziellen Genre zuordnen. Hardcore, Crossover, Alternative, oder eben einfach Violent Pop. Manchmal wenn man in keine Schublade passt, muss man sich eben seine eigene Nische schaffen und das haben Blind Channel mit Violent Pop ziemlich gut geschafft. Das neue Album ist quasi wie ein Best-of, oder eher eine Einführung in dieses Genre. Wenn du diese elf Tracks gehört hast, dann weißt du, worauf du dich einlässt, wenn du Violent Pop hörst. Durchdachte Texte, die zum Nachdenken anregen, manchmal traurig machen, aber die meiste Zeit nach vorne treiben. Dominiert werden die Tracks alle von einem harten Schlagzeug, das bis auf wenige Ausnahmen einen so flotten Rhythmus vorgibt, dass es wirklich schwer fällt still zu sitzen. Auch Fans von harten Gitarren kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten, denn es gibt kaum einen Track, in dem die Gitarren nicht einnehmend und vordergründlich den Raum einnehmen, den sie verdient haben. Unterstützt vom Bass und elektronischen Spielereien klingt das Ganze dann tatsächlich so, wie man sich Violent Pop vorstellen könnte. Ziemlich böse, dreckig und mit viel Wucht, gerade raus und voll auf die Fresse. Der Gesang dazu ist eine Mischung aus Klargesang, der auch mal ziemlich gefühlvoll klingen kann, wie in „Fell Nothing“, aber meistens doch mit viel Kraft in der Stimme nach vorne drängt. Gepaart mit einigen Screams, Hip-Hop Passagen und etwas Pop hat man ein Spektrum, das auf den ersten Blick vielleicht nicht zusammenpassen mag, in dieser Kombination aber unfassbar gut klingt. Am schönsten hört man das in „Lanterns“. Hier hat man von der ersten bis zur letzten Sekunde Gänsehaut, weil der Song gefühlvoll und treibend zugleich ist. Die Strophen erzählen die Geschichte der Band, viele Stationen der vergangenen Jahre und von ihrer Motivation und Inspiration. Im Refrain kann der einnehmende Gesang dann auf vollster Linie überzeugen. Jedes Element bekommt genau den richtigen Raum, um vollkommen wirken zu können, und es wirkt zu keiner Sekunde, als würde ein Instrument das andere Überlagern oder in den Hintergrund drängen. Auch die Abmischung zwischen Gesang und Instrumentalpart ist extrem gut gelungen. Auch wenn viele Passagen sehr schnell aufeinanderfolgen und das vorgegebene Tempo meistens extrem schnell ist, hat man zu keiner Sekunde das Gefühl, dass ein Track hektisch oder überworfen klingt. Hier wurde wirklich ganze Arbeit geleistet.

Fazit: Ich bin mit Sicherheit kein großer Violent Pop Experte, oder welche andere Bezeich- nung man Blind Channel geben mag. Die einzige Band, die sich einem ähnlichen Stil verschrieben hat, die ich kenne, ist Hollywood Undead. Das war es dann aber auch schon wieder. Umso begeisterter bin ich davon, auf welch hohem Niveau Violent Pop produziert wurde und welche Qualität Blind Channel mit diesem Langspieler abliefern. Jemanden der mit diesem Genre im Prinzip nicht wirklich viel anfangen kann, sofort in seinen Bann zu ziehen ist nicht einfach. Bei mir haben sie es aber definitiv geschafft und ich finde es extrem schade, dass ich erst jetzt auf diese junge Band aufmerksam geworden bin. Bitte, bitte mehr davon in den nächsten Jahren. Ganz ganz großes Kino und definitiv eines meiner bisherigen Highlights in 2020.

Tracklist:

01. Gun
02. Over My Dead Body
03. Died Enough For You
04. Fever
05. Timebomb (Feat. Alex Mattson]
06. Snake (Feat. GG6 from Amaranthe]
07. One Of Us
08. Enemies With Benefits
09. Love Of Mine
10. Feel Nothing
11. Lanterns

Kaufen: Amazon

Release: 06.03.2020
Genre: Violent Pop
Label: Out Of Line Music

Blind Channel im Web:

Homepage

Facebook