Antiheld – Goldener Schuss (CD-Kritik)

Straßenköterpop – so beschreiben die fünf Jungs von ANTIHELD ihre Musik. Das passt ziemlich gut, ihre Stücke klingen rau und ehrlich, gefühlvoll und stecken voller Hoffnungen und Träume. Besonders macht das ganze die Ziehharmonika, die in vielen Stücken zu finden ist und vor allem die einzigartig kratzig-raue Stimme von Sänger Luca Opifanti. Eine Stimme, die egal ob bei Balladen, oder rockig-flotten Nummern immer wie die Faust aufs Auge passt, direkt aus dem Herzen kommt und immer für Gänsehaut sorgt. Theoretisch könnte er auch einfach nur aus dem Telefonbuch vorlesen und es würde einfach nur ziemlich gut klingen. Mit Ihrem ersten Album Keine Legenden schafften sie es schon in die Top 100 der deutschen Albumcharts und auch konzerttechnisch haben sie es in kurzer Zeit weit gebracht. Am 30. August 2019 legten die Stuttgarter nun mit Goldener Schuss ihr 2. Studioalbum vor.

ANTIHELD sind oft melancholisch und gefühlvoll, aber auch ehrlich und aufrüttelnd und vor allem macht ihre Musik oft Hoffnung und gute Laune. Flotte Gitarrenriffs treiben voran und in Kombination mit Kontrabass oder Ziehharmonika ist meistens dafür gesorgt, dass die Songs ein Lächeln ins Gesicht zaubern und das Tanzbein geschwungen wird. Jetzt aber eine Warnung: Will man ein Album für gute Laune, oder Party, dann ist Goldener Schuss defini- tiv nicht das richtige Album. Eher das richtige Album für Liebeskummer, melancholische Phasen oder traurig-verregnete Tage. Nahezu jeder Song behandelt das Thema Trennungs- schmerz, das Vermissen von geliebten Personen oder das Ende von Beziehungen. Von der Thematik zwar ziemlich eintönig, aber jeder Text drückt ein ganz bestimmten Gefühl aus, dass schon nach wenigen Klängen Besitz vom Hörer ergreift. Auch wenn jeder Song in etwa ein ähnliches Thema behandelt, kann doch jeder für sich stehen und klingt auf besondere Art und Weise einzigartig. Die einzige Ausnahme, die wirklich ein komplett anderes Thema behandelt, ist „Präsidenten“, wo die aktuelle weltpolitische Lage in den Mittelpunkt gerückt wird. „Ihr seid nicht unsere Präsidenten“ singen Antiheld, denn ihr Leben und ihre Träume wollen sie nicht den aktuell mächtigsten Menschen der Welt in die Hand geben. Unbedingt erwähnen sollte man noch den Song „Sonnenkind“ erwähnen. Sehr schön, dass diese hochemotionale Ballade ihren Platz auf einem Langspieler gefunden hat. Ursprünglich nur geschrieben für die Beerdigung des besten Freundes, hat Luca Opifanti bereits auf Konzerten beschlossen, diesen Song mit den Massen zu teilen, um zu zeigen, man ist nicht alleine und kann den Schmerz gemeinsam bewältigen. Dass dieser Song es auf Goldener Schuss geschafft hat, ist eine große Sache, die viele Menschen berühren uns Tränen in die Augen treiben wird. Einzelne Songs sind zwar stellenweise etwas flotter oder nehmen kurzzeitig Tempo auf, pendeln sich aber dann doch in einem relativ ruhigen Grundtempo ein und bleiben im Dunstkreis der klassischen Ballade hängen. Auch der Coversong „99 Luftballons“ von Nena, der im Original doch stellenweise ziemlich rockig anmutet wird weichgespült und kommt zart und gefühlvoll daher. Weichgespült ist hier gar nicht negativ gemeint, man muss nur wissen, worauf man sich einlässt. Betrachtet man Goldener Schuss als Konzeptalbum zur Trauerbewältigung, dann ist es gar nicht so schlimm, dass die gewohnten schnellen Passagen hinten anstehen und nicht viel Raum bekommen. Zu den 17 Songs gesellen sich dann noch vier Akustikversionen von „Ma petite Belle“, „Mach mirn Kind“, „Mama“ und „Goldener Schuss“. Das ist dann zum Ende nochmal Gefühl pur und rundet das Album auf melancholische Art und Weise ab.

Fazit: Mir persönlich fehlen einige schnelleren und rockigen Songs auf Goldener Schuss. Bei 17 Songs muten nicht mal eine Handvoll flott an. Hier hätte man meiner Meinung nach ruhig an der einen oder anderen Stelle eine Schippe drauflegen können, oder aber auch einen richtigen Gute Laune Song sucht man hier vergebens. Das Ganze klingt wirklich nur dann gut, wenn man sich auf das Thema und das Konzept einlassen kann. Betrachtet man aber rein das musikalische Handwerk, muss man wirklich den Hut ziehen. Für so eine junge Band ist das wirklich ganz großes Kino und hervorragend produziert. Bitte gerne mehr davon, aber vielleicht nächstes Mal mit einem anderen vorherrschenden Thema, auch wenn die Liebe wirklich viel Gesprächsstoff liefert.

Tracklist:

01. Introduktion
02. Ma petite belle
03. Präsidenten
04. Goldener Schuss
05. Interlude I
06. Herz
07. Find what u love
08. VII
09. Interlude II
10. Mach mirn Kind
11. Interlude III
12. 99 Luftballons 2019
13. Nie wieder lieben
14. Gott
15. Babylon
16. Sonnenkind
17. Vollrausch (Akustik Version)
18. Ma petite belle (Akustik Version)
19. Mach mirn Kind (Akustik Version)
20. Mama (Akustik Version)
21. Goldener Schuss (Akustik Version)

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Release: 30.08.2019
Genre: Rock
Label: Arising Empire

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