Letzte Instanz – Morgenland (CD-Kritik)

In über zwanzig Jahren beeindruckender Musikkarriere hat sich die Rockband LETZTE INSTANZ, die sich 1996 gründete und aus der Band „Resistance“ hervorging, mit ihren weltweit unzähligen Konzerten und Festivalauftritten, sowie zwölf Studioalben eine beachtliche Fanbase erspielt. Durch tiefgängige Texte, die sanfte Stimme des Sängers Holly Loose und die großartigen Streicher ist ihre Musik schon immer sehr vielfältig und nahe zu außergewöhnlich. Auch ihr selbst geschaffene Genre ‚Brachialromantik‘ ist mit der Zeit zu einem regelrechten Markenzeichen der Band geworden. Zuletzt machten LETZTE INSTANZ mit ihrem Album „Liebe im Krieg“, welches im August 2016 erschien, auf sich aufmerksam und wurden sogar in den Deutschen Album Charts mit einem Platz 4 dafür belohnt. Nach dem sich die Formation im letzten Jahr weitestgehend zurückgezogen hatte, um an neuem Material zu arbeiten, ist es jetzt endlich soweit: „Morgenland“ so lautet der Titel neuen Studioalbums, welches am 16. Februar 2018 via AFM Records das Licht der Welt erblickt.

Uns liegt die limitierte Digipak Version mit 14 Titeln vor. Hören wir mal rein. Die Reise ins „Morgenland“ beginnt mit dem gleichnamigen Herz- und Titelstück mit voller Kraft voraus. Unmissverständlich fordert der Einstieg in das Album Gehör: Druckvolles Schlagzeug, gut definierter Gitarrenklang, dynamisch verbunden mit Geige und Cello. Das Morgenland ist ein Ort, der keine Adresse hat. Dort, wo die Sehnsucht wohnt, die Hoffnung ihr Ziel sucht, der Raum in Herz und Seele sich den Worten öffnet, befindet sich das Morgenland. Genau dorthin führen uns die poetischen Texte von Letzte Instanz. Das Morgenland ist in Sicht, hat aber mächtige Gegenspieler, besungen in „Schwarz“. Berufspessimisten malen die Welt in schwarzen Farben, doch wer ins Morgenland will, sieht weiter und lässt sich nicht von der Schwarzmalerei beirren. „Schwarz“ geht gut ab und ist ebenfalls eingängig wie „Morgenland“. „Disco D’Amour“ erzählt von Momenten, die aus Angst verpasst, nie wieder kommen. Das führt das Thema von „Schwarz“ weiter in die persönliche Ebene. Wir befinden uns in einer Disco, wo man sich lieber resigniert am Glas festhält — „unsere Angst als Schranken“ — als sich aus der Lethargie zu lösen. Der Refrain hat im Gegensatz zum Thema etwas Beschwingtes. Wo „Disco D’Amour“ die persönliche Ebene zeigt, geht es in „Mein Land“ um einen Weckruf an unsere Gesellschaft, die sich aus Resignation in sich zurückzieht und so rechten Bewegungen Raum gibt, sich auszubreiten. „Mein Land“, beginnt langsam, um dann schön mit brettmäßigen Gitarren loszugehen. Der Tempo- wechsel zeichnet einen schönen Spannungsbogen. „Glücksritter“ untermalt die Aussage mit hymnischen Harmonien, seines eigenen Glückes Schmied in einer unsicheren Welt zu sein. So wie „Ikarus“, der in dem balladesken Stück trotz Gefahr das tut, was er tun muss. Das Stück kommt etwas schüchtern rüber mit seinem wiegenden Takt und dem Klaviereinsatz im Hintergrund. Sehr emotional packt „Noch Einmal“ die Geige und das Cello aus, um die Stimmung des nicht loslassen Könnens, obwohl der Abschied naht. Bevor es allzu ruhig wird, weckt „Asche zu Gold“ als eines der härteren Stücke auf dem Album die Gemüter auf. Die Zeit der Abrechnung ist gekommen und das drückt die breite Gitarrenfront bestens aus. Ganz optimistisch als Mitmach-Song vermittelt „Du Lebst“ Lebensenergie und Dynamik. Das Leben will in vollen Zügen gelebt und genossen werden. „Wellenreiter“ ist voller Wehmut. Die Wellen sind die Urgewalt, der man unterworfen ist, die einen weitertreiben, obwohl die Sehnsucht anzukommen groß ist. Die Streicher bringen ein leichtes, verspieltes Element in den Titel trotz aller Wehmut. „Symphonie“ ist DIE Hymne, die jedem, der auch nur ein minimal musikalisches Herz sein eigen nennt, unter die Haut gehen muss. Das Leben als Symphonie, jede Begegnung, jeder Moment fügt ihr einen Ton oder eine Harmonie hinzu. In dieser Lebenssymphonie soll das Kind in uns „Für Immer Sein“. Etwas bleibt unsterblich, nämlich das unangepasste, rebellische Kind in einem. „Armageddon“ fällt sowohl in Rhythmik als auch in der Machart auf. Die Stimmung ist dem Titel entsprechend düster und unterschwellig bedrohlich. Am Ende des Albums kommt noch ein spezieller Titel: „Children (feat. Orphaned Land)“, das zusammen mit dem Sänger Kobi Farhi von Orphaned Land eingespielt wurde. Dieser Titel hat einige orientalische Elemente und wird teils in arabischer Sprache gesungen. Es erzählt die traurige Geschichte von Kindern im Krieg. Letzte Instanz sammelt mit diesem Lied Spenden für ein Flüchtlingsdorf im Nordirak und geben wie in „Mein Land“ ein deutliches politisches Statement ab.

Fazit: Mit dem Album fügen LETZTE INSTANZ in gewohnter Art und Weise durch satt verzerrten Gitarrensound, melodische Streichereinlagen und poetischen Texten ihrer Lebenssymphonie als Band einen weiteren Teil hinzu. „Morgenland“ fügt sich nahtlos als Nachfolger zu „Liebe im Krieg“ in das musikalische und thematische Konzept der Brachialromantik ein. Es ist sanfter, melodischer und nachdenklicher geworden. Der Bandsound ist wie immer die perfekte Grundlage für die eigentlichen Hauptakteure, nämlich die Texte, die voller Poesie eine ganz eigene Sprache der Emotionen sprechen. Ein sehr schönes Album, das zunächst langsam, aber bei mehrmaligem Hören gewaltig rüberkommt!

Tracklist:

01. Morgenland
02. Schwarz
03. Disco D’amour
04. Mein Land
05. Glücksritter
06. Ikarus
07. Noch Einmal
08. Asche Zu Gold
09. Du Lebst
10. Wellenreiter
11. Symphonie
12. Für Immer Sein
13. Armageddon
14. Children (feat. Orphaned Land)

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VÖ: 16.02.2018
Genre: Brachialromantik
Label: AFM Records

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